February 28, 2025

Zeit für Jobs & Immunität [Undisruptable Technology - Ausgabe #274]

#274, 27. Februar 2025

Guten Morgen,

ist der Februar auch praktisch schon rum. Und irgendwie ist man ja bedient, erst die USA, dann die Bundestagswahl. Der Westen schwarz, der Osten blau, aber, hey, bitte keine blöden Witze über Mauern. Das hier ist ja die unterhaltsame Einleitung zu einem Tech-Newsletter, deshalb lieber was anderes: Ich habe bei einem Spaziergang durch Friedrichshain kurz vor der Wahl das wahrscheinlich ehrlichste Wahlplakat an einer Laterne gesehen. Handgeschrieben. “Ich brauche den Job. Und die Immunität.” Was will man dagegen sagen? Vielleicht sollte man mehr durch die Straßen schlendern, als sich die Weltlage bei Social Media reinzuziehen.

Auf der anderen Seite hat dieses Social Media ja auch den Vorteil, dass man relativ ungefiltert nicht nur den ganzen Fake-Müll und Troll-Fabriken-Quatsch ins Haus gespült bekommt, sondern auch… echte Dinge. Zum Beispiel was es bedeutet, wenn die US-Regierung mit ihren Feldzug gegen alles “woke” ernstmacht. Zum Beispiel für Trans-Menschen. Und wer sich da nicht an “Handmaid’s Tale” erinnert fühlt, der hat vermutlich weder Buch noch Film(e) bisher zur Kenntnis genommen. Da sind so klimapolitische Kamikaze-Aktionen wie einfach mal alle bundeseigenen E-Ladestationen abzuschalten fast schon harmlos dagegen. Ok, dann doch noch ein bisschen mehr Drama? Dann empfehle ich die Lektüre von “Elon Musk’s first month of destroying America will cost us decades” bei “The Verge”.

Bis nächste Woche,

Andreas Streim

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Ten news that fit to send

1. We don't need startups, we need Digital-Mittelstand: Ein interessanter Text mit der These, dass man das Silicon Valley nicht nachbauen kann, weil es um mehr als Unternehmenscluster und Steuervorteile geht. “Given these cultural and structural differences, I believe the traditional startup model won’t work in Germany. Instead of chasing a Silicon Valley model that no other country has successfully replicated, Germany should focus on developing the Digital-Mittelstand. This concept seamlessly aligns with both the German cultural ethos and the digital economy.”

2. Overview of AI policy in 15 jurisdictions: Das ist mal eine praktische Übersicht: KI-Regulierung in 15 unterschiedlichen Staaten - und jetzt mal nicht Deutschland und die EU, sondern so Länder wie die Türkei, Nigeria oder Russland. Denn auch da gibt es schließlich KI.

3. Dutch software firm Bird to leave Europe due to onerous regulations in AI era, says CEO: Apropos KI-Regulierung. Es gibt ja ab und zu mal so Warnrufe, dass wir es bei Themen wie Datenschutz oder auch KI-Regeln vielleicht etwas übertreiben, in Deutschland und in der EU. Das niederländische Startup Bird hat jetzt angekündigt, sein Glück woanders zu suchen: “"We are mostly leaving Europe as it lacks the environment we need to innovate in an AI-first era of technology," CEO Robert Vis told Reuters on Monday. "We foresee that regulations in Europe will block true innovation in a global economy moving extremely fast to AI," he said in a text message response to Reuters queries.””

4. Nigerians are building affordable alternatives to AWS and Google Cloud: Digitale Souveränität ist spätestens seitdem im Weißen Haus jemand sitzt, dem man auch zutraut, dass er in einem Wutanfall von “you are BAD towards AMERICA” mal eben nicht nur Zölle raufschraubt, sondern auch IT-Systeme für die bösen Länder abschaltet. In Nigeria gibt es auch solche Probleme - aber da liegt es eher daran, dass die Cloud-Kosten explodieren. “Digital sovereignty could be the differentiator that helps smaller cloud Nigerian startups thrive even as AWS starts accepting payments in naira. “We are keying into our data sovereignty narrative,” Chidi Okpala, head of media and corporate communications at Galaxy Backbone, told Rest of World.”

5. AI-designed chips are so weird that 'humans cannot really understand them' — but they perform better than anything we've created: Das ist ja das, was KI so ein bisschen spooky macht - man versteht sie nicht so wirklich, wie sie das alles macht. Und manchmal nicht mal das Ergebnis. “Engineering researchers have demonstrated that artificial intelligence (AI) can design complex wireless chips in hours, a feat that would have taken humans weeks to complete. Not only did the chip designs prove more efficient, the AI took a radically different approach — one that a human circuit designer would have been highly unlikely to devise.”

6. Experiment in New Yorker U-Bahn: Pixel-Smartphones als Schieneninspektoren: Das ist ein schönes Beispiel, was mit KI heute schon mit Standardhardware möglich ist. “Ein erster Testlauf sollte untersuchen, wie die Wartung der U-Bahn-Linien mithilfe von günstiger, frei zugänglicher Technologie vereinfacht und kostengünstiger gestaltet werden kann. Dazu fuhren zwischen September 2024 und Januar 2025 sechs Google Pixel 6 an Bord von vier U-Bahn-Waggons durch New York.” Mit Hilfe der Smartphone-Sensoren und Mikrofonen hat die KI dann festgestellt, wo Reparaturen notwendig sind.

7. Google receives FDA clearance for loss of pulse detection technology: Und noch was in einer ähnlichen Richtung: Google hat die Freigabe der US-Behörden für eine Überwachung des Pulses mit Hilfe einer marktüblichen Smartwatch. “The loss of pulse detection technology checks for an individual's pulse. Once it detects signs of a loss of pulse, it activates infrared and red lights to search for additional pulse signals. A motion sensor then checks for signs of movement. An AI algorithm then analyzes the pulse and movement signals to confirm a loss of pulse, which triggers a countdown to see if the user responds.”

8. How the UK is Weakening Safety Worldwide: Verschlüsselung ist staatlichen Stellen ebenso ein Dorn im Auge wie Cyberkriminellen. Ist halt blöd, wenn die Daten bei denen bleiben, denen sie gehören. Aus staatlicher Sicht natürlich nachvollziehbar, wenn “denen” die bösen Buben sind. Nur: Wer technologische Schutzmauern einreißt, reißt sie eben für alle ein, nicht nur für die Cops. Zum Beispiel Apple, zum Beispiel in UK. “The thing is, Apple has made it abundantly clear in no uncertain terms that they will refuse any request by any government to knowingly insert backdoors into their software. So in light of their inability to fight this request, Apple simply decided to remove iCloud encryption entirely for UK users.” Warum das Mist ist? Einfach den nächsten Text lesen.

9. Man's Entire Life Destroyed After Downloading AI Software: Auch wenn in der Überschrift KI steht, mit KI hat das eigentlich nicht wirklich was zu tun. Die Story ist: Jemand lädt sich eine vermeintlich coole Software bei GitHub runter. Die macht auch, was sie verspricht - aber leider auch noch mehr. Sie hackt nämlich den Passwortmanager des Disney-Angestellten. Am Ende steht ein riesiger Datendiebstahl bei dem Konzern und eine Veröffentlichung sehr privater Daten des Opfers. Und eine Kündigung. “"1.1 terabytes of data, almost 10,000 channels, every message file possible, dumped," wrote Nullbulge, per a WSJ screenshot. "We tried to hold off until we got deeper in, but our inside man got cold feet and kicked us out! I thought we had something special Matthew J Van Andel!" "Consider the dropping of literally every bit of personal info you have... as a warning for people in the future," the hacker added.”

10. Notorious crooks broke into a company network in 48 minutes. Here’s how.: Und nach dem Einzelfall, jetzt noch was aus der Kategorie “Wie orchestriert man eine Cyberattacke” eine sehr detaillierte Beschreibung, wie die Angreifer sich in kürzester Zeit Zugang zu einem Firmennetzwerk verschafft haben. Eine Spam-Mail-Flut zur Ablenkung, vermeintlicher IT-Service-Support, der schnell dazu kommt, und - zack - sind ein paar Rechner übernommen. “In any event, the attacker had now gained persistent, privileged access to the network and was in a position to exfiltrate sensitive data from it. The following image lays out the timeline. The breakout time begins at 5:47 pm and concludes at 6:35 pm, just 48 minutes later.”

Undisruptable Technology im Bild

Es tut mir leid, aber dieses Video ist so “Undisruptabale Technology im Bild”, wie es nur sein kann. Dass ein paar zugekiffte Kiddies so ein Video basteln, ok, kann ich mir noch vorstellen. Und irgendwie ja noch, hmmm, lustig, was KI heute schon so produzieren kann. Aber dass diese Aneinanderreihung von Größenwahn und Peinlichkeit der US-Präsident selbst weiterverteilt, ok, das muss einfach für die Nachwelt festgehalten werden.

Und zuletzt...

Eine der tollsten Sache in dieser ganzen Welt ist ja: Datenanalyse. Ich baue ab und an selbst Tools, die sich mit der Auswertung von Daten beschäftigen. Richtig interessant wird es aber erst, wenn man es mit, hmmm, vielleicht nicht ganz so naheliegenden Dingen macht. Zum Beispiel die Reden von “Oscar”-Preisträgerinnen und -Preisträgern analysieren und grafisch aufbereiten. Da sieht man dann, dass die Ansprachen immer länger werden seit den 1940ern oder aber: “Mothers were thanked far more often than fathers. Wives were mentioned more than husbands, though this is likely a consequence of the massive gender imbalance I noted in my recent piece"."“ Und vor allem kann man eine wirklich wichtige Frage beantworten: “Was Harvey Weinstein thanked more frequently than God?” Und jetzt kommt der Spoiler-Alert: “In a word - No. Thank God. Across all speeches, God was thanked 4.3% of the time, whereas Harvey was mentioned in just 1.5%. However, God had a head start. When we focus on the period when Harvey Weinstein was at his most powerful, the race was much closer. In the 1990s, Harvey received thanks in 5.4% of speeches, compared to God's 6.4%. In the 2000s, Harvey dropped to 4.5%, but God rose to 7%.” Wäre das auch geklärt.