Wenn KI die KI trainiert, freut sich der Mensch (zumindest mancher) [Undisruptable Technology - Ausgabe #219]
Guten Morgen,
ich hatte gestern das Vergnügen in meinem Job beim Digitalverband Bitkom, die Pressekonferenz zur Vorstellung einer neuen Studie zu moderieren. Dabei ging es um den Stand der Digitalisierung in der deutschen Wirtschaft und den Einsatz von KI. Für mich die überraschendsten Zahlen: Die große Mehrheit hält digitale Technologien allgemein und KI im Besonderen für total wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit. Was aber nicht heißt, dass sie auch selbst genutzt werden. Und inzwischen sagen 60 Prozent, dass Wettbewerber, die frühzeitig auf Digitalisierung gesetzt haben, ihnen voraus sind. Wer jetzt fragt, warum man aus der Vergangenheit nichts lernt, der sollte mal auf den Link klicken. Gibt auch ein paar optimistischer stimmende Zahlen in der Studie.
Und heute ist noch ein besonderer Tag: Dieser kleine freitägliche Newsletter bekommt jetzt harte Konkurrenz. Der Bitkom - mein Arbeitgeber, siehe oben - startet heute einen neuen Podcast mit dem Namen "Tech Weekly". Zu hören überall wo es gute Podcasts gibt und zum Beispiel hier. Ich lese ja ehrlich gesagt lieber, als dass ich höre, aber meinem Kollegen Tobias könnte ich wirklich auch länger als die 10 bis 15 Minuten zuhören, die er für die News rund um Tech und Digitalpolitik der vergangenen Woche und den Ausblick auf die kommende braucht. Ich wünsche ihm auf jeden Fall einen erfolgreichen Start und ganz, ganz viele Abonnentinnen und Abonnenten.
Und entweder während des Hörens oder davor (oder notfalls auch: danach) geht es dann weiter mit den 10+ Texten und Nachrichten hier bei "Undisruptable Technology" rund um digitale Disruptionen und analoge Absonderlichkeiten, die mich ganz persönlich in der vergangenen Woche interessiert haben. Dabei wünsche ich viel Spaß und neue Erkenntnisse,
Andreas Streim
Ten news that fit to send
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AI Is a Lot of Work: Das ist eine unbedingt lesenswerte Geschichte über die Menschen, die unsere KI schlau machen. Und zwar nicht die gut bezahlen Programmiererinnen und Programmierer bei OpenAI, Google & Co., sondern die Klickworker, die Bild für Bild die Aufnahmen aus Kameras in Autos auswerten, anklicken was eine Ampel ist oder ein Verkehrsschild, damit die Algorithmen kapieren, worauf sie achten müssen. "You might miss this if you believe AI is a brilliant, thinking machine. But if you pull back the curtain even a little, it looks more familiar, the latest iteration of a particularly Silicon Valley division of labor, in which the futuristic gleam of new technologies hides a sprawling manufacturing apparatus and the people who make it run."
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The people paid to train AI are outsourcing their work… to AI: Wollen wir die Geschichte über die Klickworker, die unsere KI schlau machen, noch ein Stück weiterdrehen? Immer mehr von denen nutzen nämlich einfach selbst schon vorhandene KI, um sich ihren Job leichter zu machen. Könnte dazu führen, dass die Systeme nicht unbedingt besser werden. Aber ich mag ja irgendwie solche Geschichten, wo sich Menschen dank Technologie von unbequemer Arbeit befreien.
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San Francisco’s fire chief is fed up with robotaxis that mess with her firetrucks. And L.A. is next: Was ich an dieser Nachricht am überraschendsten fand: Es gibt offenbar Orte auf dieser Welt, in der Robotaxis wirklich auf den Straßen unterwegs sind. Das war ja öfter Thema in diesem Newsletter, aber meist so als Pilotprojekte. Dass es das wirklich gibt, das übersteigt irgendwie noch meinen Deutschland-Berlin-geprägten Horizont, befürchte ich. Und in San Francisco scheinen es so viele Robotaxen zu sein, dass die ein Problem sind - für Rettungskräfte: "State regulators track robotaxi collisions, but they don’t track data on traffic flow issues, such as street blockages or interference with firetrucks. But the Fire Department does. Since Jan. 1, the Fire Department has logged at least 39 robotaxi incident reports."
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German tabloid Bild cuts 200 jobs and says some roles will be replaced by AI: Das Zeitungen in Deutschland Personal abbauen, ist jetzt nichts wirklich Neues oder überraschend. Dass es die "Bild" ist, vielleicht schon etwas mehr. Und dass die Begründung ist, die Jobs könnten teilweise von KI übernommen werden, dann vielleicht wirklich: "Bild’s publisher, Axel Springer SE, said in an email to staff (...) that it would “unfortunately be parting ways with colleagues who have tasks that in the digital world are performed by AI and/or automated processes”."
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The Last AI Boom Didn't Kill Jobs. Feel Better?: In den letzten Wochen konnte man ja kaum eine Nachrichtenseite anklicken oder Zeitung aufschlagen, ohne dass einem jemand erklärt hat, wie viele Fantastilliarden Jobs durch KI wegfallen werden und welche Berufe besonders überflüssig werden. Nun ja. Ein Blick in die Vergangenheit, als der letzte KI-Boom mit Deep Learning kam, zeigt: Nope. Weil vielleicht: "The headline result was that industries where AI could be the most useful did not see a reduction of jobs. In fact, for more highly skilled jobs vulnerable to AI, such as white-collar office work that involves working with data, there was around a 5 percent increase in the number of employed workers. The researchers say this supports the idea that new technology can increase demand for more skilled workers at the same time that it replaces those who do routine work. Less skilled workers didn’t seem to be significantly affected by software or AI." Wer es noch ein bisschen genauer wissen will, der sollte sich dieses Paper hier mal durchlesen: "Why Are There Still So Many Jobs? The History and Future of Workplace Automation" - ich habe es noch nicht geschafft, aber es klingt wirklich spannend für jeden, der sich um die Themen Arbeit(smarkt) und Technologie Gedanken macht (Hinweis: von 2015!)
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A rise in self-service technologies may cause a decline in our sense of community: Der Text ist aus dem April, aber er berührt ja ein sehr grundsätzliches Thema. Ich bin ein großer Freund von all diesen Dingen, die dort geschildert werden. Ohne Kontakt mit einem Menschen zu haben in ein Hotel einzuchecken? Ein Traum. Aber geht dabei nicht auch was verloren? Also nicht jetzt mir persönlich, aber der Gesellschaft als ganzer? Etwas, wozu man ruhig mal einen Text lesen kann.
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Young People Have No Idea What We Used to Do After Work. Let Me Regale You.: Das ist einfach ein wirklich schöner Text über die Arbeitswelt von ... gestern. Also diese Zeit an der Grenze zwischen Noch-nicht-ganz-aber-jetzt-gleich-Digitalisierung: "Recently, a number of my younger coworkers expressed shock that I was able to complete a master’s degree while I held a full-time job. It was easy: I worked at a literary agency during the day, I got off work at 5 p.m., and I studied at night. The key was that this was just after the turn of the millennium. “But what would you do when you had work emails?” these coworkers asked. “I didn’t get work emails,” I said. “I barely had the internet in my apartment.”" Ein Must-Read für alle, die bei dem Satz nur den Kopf schütteln: "If you called someone at work on their cellphone, maybe it would ring in a meeting or something. That would be terrible. Cellphones were for emergencies, or for calling people when you were drunk."
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Wie wir ein Bahnticket buchen wollten und am Ende 245.000 Datensätze hatten: Das ist eine wunderbar lesbare Geschichte über schlecht designte Software. Die so wahrscheinlich überall in diesem Internet eingesetzt wird. Es geht um Daten, die ziemlich offen herumliegen, aber auch darum wie Menschen, die sich ein bisschen mit Technik auskennen, noch an Tickets kommen, die längst ausverkauft sind. Ich war vor vielen Jahren mal auf der CeBIT bei einem Live-Hacking-Event. Da wurde gezeigt, wie man bei bestimmten Shop-Systemen einfach nach der Bestellung im Warenkorb selbst den Preis der Produkte ändern konnte (kleiner Designfehler der Software) und so die Flasche Wein statt 39 Euro nur noch 3,90 Euro gekostet hat (der "Hacker" gab den Tipp, nie 0 Euro zu nehmen, weil das am Ende vielleicht jemandem beim Verpacken auffällt). Daran musste ich da denken.
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The new ".zip" domain is being used almost solely for malware: Ja, es gibt eine neue Domain-Endung: .zip. Hmmm, kommt einem bekannt vor? Tja, ist halt auch eine Dateiendung für komprimierte Dateien. Was passiert jetzt, wenn man diese Domain mit der Möglichkeit von Unicode-Zeichen kombiniert, wodurch man Buchstaben nutzen kann, die aussehen wie "/" aber keine sind? Genau, man glaubt eine ZIP-Datei von einer vertrauenswürdigen Domain herunterzuladen, wird aber in Wirklichkeit auf eine ZIP-Domain umgeleitet - und hat im Zweifelsfall schon verloren.
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AI-generated Secret Invasion intro angers Marvel artists and fans alike: Der Marvel-Film "Secret Invasion" hat ein Intro, das von einer KI kreiert wurde. In dem verlinkten Text kann man sich die auch anschauen (was man sollte). Ich persönlich finde, dass das Ding eine wirklich eigene Ästhetik hat. Aber andere sind da weniger angetan: "Jeff Simpson, a concept artist who directly worked on the Secret Invasion TV series for Marvel, tweeted, "Secret Invasion intro is AI generated. I’m devastated, I believe AI to be unethical, dangerous, and designed solely to eliminate artists' careers. Spent almost half a year working on this show and had a fantastic experience working with the most amazing people I ever met.""
Undisruptable Technology im Bild
Google hat eine neue Werbekampagne gestartet, die das iPhone und das Pixel irgendwie, nun ja, auf eine Art, als ein Paar darstellen. Oder zumindest zwei, die sich gerade daten. Es wundert jetzt nicht, dass dabei das iPhone nicht so gut wegkommt. Aber ich fand es jetzt für Werbung leidlich unterhaltsam. "The Verge" hat noch ein bisschen Text dazu.
Und zuletzt...
Dass Elon Musk einen sehr seltsamen Umgangsstil hat, dafür was für eine Bedeutung die von ihm kontrollierten Unternehmen haben, ist ja hinlänglich bekannt. Wäre er nicht so berühmt, man würde wahrscheinlich manchmal denken, der Typ hat einfach einen an der Waffel. Zum Beispiel wenn er jetzt Mark Zuckerberg zu einem "cage fight" aufgefordert hat. Und der, nun ja, hat zugesagt. Jetzt könnte man das getrost in den Untiefen der aktuellen Twitter-Kloake verschwinden lassen, aber nein, das Thema wird ernst genommen (ja, gut, auch ich ziehe es ja kurz vor der Sickergrube nochmal hier hoch). Zum Beispiel beschreibt "Ars Technica", woher die herzliche Feindschaft der beiden kommt. Und "The Register" analysiert, wer denn die besseren Siegchancen hat.
Ok, das war jetzt nur begrenzt lustig, weil Musk das vermutlich alles sogar ernst meint. Deshalb kommt hier wirklich ein echt schöner & lustiger Link - zum Space Elevator. Und dazu sage ich jetzt einfach nix mehr, aber wer sich das nicht einfach selbst anschaut, ist halt auch selbst schuld.