🚫 This technology is not available in your country 🚫 [Undisruptable Technology - Ausgabe #220]
Guten Morgen,
was haben Bard, die ChatGPT-Alternative von Google, und Threads, die gestern gestartete Twitter-Alternative von Meta, gemeinsam? Dass sie einen bestehenden, mehr oder minder erfolgreichen Dienst ersetzen wollen? Ja, richtig. Aber was noch? Genau, dass wir in Deutschland und in Europa nicht benutzen können. Weil die Unternehmen die europäischen Datenschutzstandards entweder nicht erfüllen wollen oder können - oder weil ihnen die in Europa herrschende Rechtsunsicherheit schlicht zu blöd ist.
Mich als an technologischen Innovationen Interessierten nervt das ehrlich gesagt tierisch. Ich würde eigentlich ganz gerne selbst entscheiden, ob ich wohl wissend Meta eine weitere Verknüpfung meines digitalen Ichs mit ihren Datenbanken gestatten möchte (hier ultimative Tipps für alle, die sich anonym(er) im Netz bewegen wollen) oder Google meine Eingaben zum Training ihrer nächsten Super-KI schenken will. Aber wir müssen feststellen, dass die DS-GVO uns jetzt einfach so gut vor dem Missbrauch unserer Daten durch gemeine Dienste schützt, dass die Dienste in ihrer Gänze verschwinden. Chapeau! Vielleicht erleben wir gerade den Anfang einer Innovations-Mauer, die wir selbst um Europa gebaut haben. Die Unternehmen scheinen, anders als wir das vielleicht gedacht haben, im Zweifelsfall auf dem Markt Europa dann doch ganz gut verzichten zu können - es gibt ja auch so genug Interessenten.
Ich muss mich noch für den ausgebliebenen Newsletter vergangene Woche entschuldigen. Es ging bereits Freitag ab zu einem Fußballturnier mit Sohn2 (ein guter 4. Platz von 20 Mannschaften, leider etwas regnerisch an der Ostsee-Küste) und ich habe es einfach vorher nicht mehr geschafft, eine Ausgabe fertigzustellen. Mea culpa! Und natürlich muss ich auch noch die Werbetrommel für den freitäglichen Podcasts meines Bitkom-Kollegen Tobis Grimm rühren. In seinem "Tech Weekly" geht es heute unter anderem um fliegende Autos, habe ich mir sagen lassen.
Jetzt aber viel Spaß mit den 10+ Links zu digitalen Disruptionen und analogen Abonderlichkeiten und bis zum nächsten Freitag Andreas Streim
Ten news that fit to send
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Why is there no Government-Built Social Media?: Wo wir gerade bei Threads, Twitter & Co sind - die Frage in dem Artikel ist bei längerem Nachdenken gar nicht so absurd: Warum gibt es eigentlich keinen staatlichen Social-Media-Dienst, nirgendwo? Wo doch von Regierungen über Parteien bis zur Polizei alle diese Dienste zur direkten Kommunikation mit den Bürger/innen nutzen. Absurd? Warum eigentlich? "Perhaps a public-sector figure will recognize that some of these social media platforms may simply never successfully monetize, or may capture value only in ways that their users dislike, which creates a large user experience gap that can be filled by… a product that doesn’t have to make money. Abstractly, the domain of infrastructure that benefits everyone but structurally struggles to make profits, such as the postal service, has historically fit pretty squarely into the scope of public-sector projects."
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Macron floats social media cuts during riots: Wobei so ein Staats-Social-Media vielleicht ganz andere Probleme mit sich bringt, etwa in Krisenzeiten. In Frankreich hat Präsident Macron zumindest darüber nachgedacht, während der Unruhen den Internet-Zugang zu Diensten wie TikTok abzuschalten. "French President Emmanuel Macron told mayors on Tuesday that one option when riots are out of control could be to cut access to social media platforms such as Snapchat and TikTok, according to footage of his speech." Was wäre erst, wenn er den Dienst direkt abschalten könnte?
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Panic about overhyped AI risk could lead to the wrong kind of regulation: Der Text führt aus, warum Nuklearwaffen und KI nicht vergleichbar sind - so wie es in der aktuellen Debatte ("Massenvernichtung!!!111") ab und an getan wird. Es ist geradezu angenehm, mal wieder so abgewogene Gedanken zu lesen: "Nuclear weapons are a specific class of technology developed for destruction on a massive scale, and — despite some ill-fated and short-lived Cold War attempts to use nuclear weapons for peaceful construction — they have no utility other than causing (or threatening to cause) destruction. Moreover, any potential use of nuclear weapons lies entirely in the hands of nation-states. In contrast, AI covers a vast field ranging from social media algorithms to national security to advanced medical diagnostics. It can be employed by both governments and private citizens with relative ease." In dem Text gibt es dann auch noch ein paar Vorschläge, wie KI bzw. deren Anwendung sinnvoll reguliert werden sollte.
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So hat ChatGPT mein Business aufgebaut: Der Titel des Artikel - Achtung, Spoiler! - ist eigentlich ein bisschen irreführend, denn das Business hat bisher nur Geld gekostet, aber keins gebracht. Trotzdem finde ich den Erfahrungsbericht, wie man ChatGPT als Sparrings-Partner bei der Unternehmensgründung nutzen kann, echt spannend. Ganz klare Leseempfehlung!
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CNET’s Parent Company Preparing to Kickstart the AI Content Engine: Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass Medien KI verwenden - die Frage ist nur wie. "Elias told his staffers during Thursday's all-hands. "From here on out, we are not going to think about AI — we are going to become AI. Meaning the way we work, how we serve — either our customers or our clients — is going to be AI-driven.""
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YOUR NAVIGATION APP IS MAKING TRAFFIC UNMANAGEABLE: Ohne Navigations-Apps kommt heute eigentlich niemand mehr aus. Und ich finde es immer wieder faszinierend, wie Google Maps im Auto den Stau in 3 Kilometer Entfernung so exakt auf die Karte einträgt, dass man eigentlich blind danach bremsen könnte. Nur in der Stadt stellen die Apps Verkehrsplaner/innen vor echte Probleme: "On its face, real-time rerouting isn’t a problem. Cities do it all the time by changing the signal, phase, and timing of traffic lights or flashing detour alerts on signs. The real problem is that the traffic management apps are not working with existing urban infrastructures to move the most traffic in the most efficient way."
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Google uses India to test ‘deliver to the house near the post office’ feature: Apropos Navigation. In Indien testet Google, ob man eine Adresse mit einer Beschreibung relativ zu einem bestimmten Gebäude bestimmen kann. Also eben zum Beispiel, das Haus in der Hauptstraße gegenüber von der Kirche. Oder das Haus neben dem Postamt. Warum? "Delivery riders and ride-share operators are therefore often told to deliver to a building next to a post office or pick someone up opposite a college." Im Prinzip ein weiterer Schritt, damit Computer sich an unsere alltägliche Sprache anpassen - und nicht umgekehrt.
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CMU Team Develops Autonomous Robot To Stave Off Spotted Lanternflies: Oh mein Gott, die Killer-Roboter sind hier! Aber keine Sorge, sie tun uns nichts, also zumindest nicht, wenn wir nicht "lanternflies" sind.
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Google reportedly gives up on making AR glasses—for the third time: Ich gebe es zu: Seitdem ich das erste Mal von Google Glasses gelesen habe, habe ich mir (als Brillenträger) so ein Ding gewünscht. Ich weiß, klobig, groß, teuer - ich dachte aber immer, spätestens die 2. oder 3. Generation wäre dann wirklich cool. Stellt sich raus, wird wohl so bald nix. Zumindest nicht von Google. "Google has reportedly scrapped plans to release a pair of augmented reality (AR) glasses. The cancellation of the gadget, reportedly codenamed Project Iris, marks the third time the company's supposedly thrown in the towel on AR glasses."
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Job title of the future: metaverse lawyer: Mit dem Metaverse ist es aus, bevor es angefangen hat. Woher ich das weiß? Die Anwälte sind da. Ein bisschen böse könnte man sagen, sie sind sogar vor dem Rest der Leute da. Und, bringt das was? "Zannes says her “satellite offices” in the metaverse are great exposure for the firm. She also reaps monetary benefits from owning property in the metaverse by renting out the space, just as a landlord does IRL." Ich warte dann auf die erste digitale Abmahnwelle im Metaverse oder so.
Undisruptable Technology im Bild
Similarweb hat festgestellt, dass die Anzahl der Besuche bei OpenAI rückläufig ist und suggeriert, der Hype sei schon wieder vorbei. Ich finde die Analyse eher schwierig, Wachstum ist ja nie unendlich und wenn ich mir zum Beispiel die recht stabile Kurve von bing.com anschaue, dann mag es ja sein, dass ChatGPT vielleicht nicht das gesamte Web wegfrisst, aber sich vielleicht als ziemlich großer Player fest etabliert. In welche Richtung es geht, werden die kommenden Monate zeigen, für einen Abgesang scheint es mir reichlich früh.
Und zuletzt...
In der "NZZ" schreibt ein "Ordinarius für Schulpädagogik" - nein, das wirklich Lustige kommt gleich erst - über die schröckliche "Turbodigitalisierung" an den Schulen. Abgesehen davon, dass es leider an den meisten Schulen mit der Digitalisierung alles ist, nur nicht turbo, ist das ein wunderbarer Text der voll ist mit den wirklich allerdümmsten Stanzen an "oh Gott, die Technologie macht alles kaputt". Auf der nach oben offenen Manfred-Spitzer-Blödsinns-Skala würde ich dem Text eine gute 12 geben. Kostprobe gefällig? "Zwar verstehen sich Kinder heute auf digitale Medien, aber nicht mehr auf ihren Körper. Wer täglich mehrere Stunden mit dem Daumen wischt, der kommt zwar auch auf eine durchaus beachtliche Strecke, aber der körperlichen Fitness hilft all das nichts, ganz im Gegenteil: Wischen auf einem Display macht nicht fit." Oder "Bei Männern gibt es Studien, die darauf hinweisen, dass die Fruchtbarkeit durch das Handy in der Hosentasche beeinträchtigt werden kann – und gleichzeitig boomen Fertilitätskliniken." Und ganz großartig: "So wurden und werden Laptops, Tablets, Beamer, Whiteboards und Co. angeschafft, die in den Klassenzimmern den ganzen Tag laufen – und damit dies möglich ist, braucht es noch automatisch gesteuerte Jalousien, so dass man Schulen von aussen vor allem daran erkennt, dass immer alles verdunkelt ist." Hatte Manfred Spitzer noch plump gesagt, erste das Fernsehen und dann das Smartphone machen uns dumm, so sorgt hier die Digitalisierung an den Schulen für faule, unfruchtbare Kinder, die im Dunkeln sitzen. Ich hoffe zumindest, dass der Autor wie früher der Herausgeber der Zeitung, bei der ich gearbeitet habe (und der dann in die AfD abgedriftet ist), seine Gedanken mit einem Federkiel aufs Büttenpapier gebracht und per Brieftaube in die NZZ-Redaktionsstube geschickt hat.
Wer jetzt bis hierhin gelesen hat und heute nichts mehr vor hat, der möge jetzt bitte das "Password Game" spielen. Ich habe es ernsthaft versucht, aber bei Rule 11 bin ich dann ausgestiegen, weil ich die Wordle-Lösung nicht hatte.