Ohne die USA und China läuft nix (mehr) - [Undisruptable Technology - Ausgabe #269]
#269, 17. Januar 2025
Guten Morgen,
diese Woche startet die “elektronische Patientenakte” (ePA), zumindest ein bisschen. Und ja, für mich wäre so eine digitale Ablage auf meinem Smartphone wirklich toll. Wann war ich eigentlich zum letzten Mal bei diesem oder jenen Arzt? Wie war damals nochmal dieser Befund? Ich bin - zum Glück, toitoitoi - sehr selten Kunde unseres medizinischen Systems, umso schwerer fällt es mir, mich an Dinge wie irgendwann mal verschriebene Medikamente zu erinnern, wenn ich gefragt werden.
Meine Krankenkasse, die TK, hat schon einige Zeit so ein Ding, dass sich tk-safe nennt. Abgesehen davon, dass irgendwie nur ein Bruchteil der Infos da reinwandern, ist der Zugang ein echter Graus. Ich würde meine technischen Fähigkeiten ja ein bisschen überdurchschnittlich einschätzen, aber dieses Gemurkse von Zugangsdaten, Schlüsseln, abgelaufenen Schlüsseln, dies tun bei Handy-Wechsel, jenes lassen, sorry, da brauch ich dann auch keine digitale Unterstützung, auf die ich eh nicht zugreifen kann, wenn ich sie mal brauche.
Glaubt man den Kritikerinnen und Kritikern, dann hat man sich bei der ePA für das Gegenmodell entschieden: passwortloser Zugang, wird schon niemand missbrauchen. Wenn man sich das hier zum Beispiel so durchliest, dann hätte ich als interessierter Laie mit ein bisschen Programmiererfahrung schon die eine oder andere Frage, ob das konzeptionell eine gute Idee ist, wenn die IT-Sicherheit auf dem Faktor “wird sich schon keiner so viel Mühe machen, um an die Daten zu kommen” beruht. Trotzdem führt kein Weg an der Digitalisierung des Gesundheitswesen vorbei. Letzte Woche war ich mit meinen Kindern in der Sportmedizin der Charité, der Arzt meinte nach dem Blick auf den Impfpass nur, ich sollte mal prüfen, ob eine Tetanus-Impfung fehlt - oder er sie in dem handschriftlichen Chaos eines solchen Kinderimpfpasses nur nicht gesehen hat. Das ist dann Datenschutz by Handschriftdesign, die auch keiner wirklich haben will.
Bis nächste Woche,
Andreas Streim
Ten news that fit to send
Deutschlands digitale Abhängigkeit steigt: Die große Mehrheit der deutschen Unternehmen ist digital abhängig vom Ausland, vor allem von den USA und China. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Bitkom-Studie, die diese Woche vorgestellt wurde. Warum das schon heute, aber künftig - Trump und so - vielleicht noch ein größeres Problem werden kann, zeigt die US-Politik mit Blick auf die Ausfuhr von KI-Chips. Es gehört nicht viel Fantasie dazu sich vorszustellen was passiert, wenn Deutschland oder Europa in eine andere Klasse eingeteilt werden…
The Supreme Court could decide the fate of Pornhub — and the rest of the internet: Es gibt ja Menschen die behaupten, das Internet wäre nie so weit gekommen, wie es heute ist, wenn es nicht darin, ähem, Pornos gäbe. In den USA gibt es gerade einen Prozess, um Webseiten wie Pornhub nicht eine strengere Altersüberprüfung vornehmen müssten (als einfach am Anfang abzufragen, ob man denn volljährig ist). Klingt jetzt nicht ganz unlogisch, hat aber womöglich gravierende Auswirkungen - nicht nur auf die Online-Sex-Industrie. “And several state and federal lawmakers have demanded stronger age verification for social media, sometimes alongside a proposed ban on minors using it. Opening the door to porn verification wouldn’t guarantee those efforts would succeed, but Hans says it could make legislators far more likely to try. “I think that if the Supreme Court said that some form of age verification could be constitutional, that if you’re the state in other situations, they’re going to say, well, extend that reasoning to other substantive areas of internet regulation,” he says.”
Engineer Creates OpenAI-Powered Robotic Sentry Rifle, Rides It Like Mechanical Bull: Dass KI auch im militärischen Kontext genutzt werden kann (und wird), das wissen wir inzwischen - etwa aus der Verteidigung der Ukraine gegen den russischen Angriffskrieg oder auch durch Israels Aktionen gegen den Hamas- und Hisbollah-Terror. Aber dass mit KI praktisch jeder in seinem Keller intelligente Waffensysteme bauen kann, nun, das ist jetzt vielleicht weniger bekannt und um so beunruhigender. “An engineer who goes by the online handle STS 3D has invented an AI-powered robot that can aim a rifle and shoot targets at terrifying speeds. As demonstrated in a video that's been making its rounds on social media, he even hooked the automated rifle up to OpenAI's ChatGPT, allowing it to respond to voice queries — a striking demonstration of how even consumer-grade AI technology can easily be leveraged for violent purposes.”
Billionaire-proofing the internet: Cory Doctorow erklärt hier, wo das Problem mit den sozialen Netzwerken liegt und wie wir da rauskommen (Spoiler: Federation). Und vor allem, dass es wenig Sinn macht, die Leute anzugehen, die bei X oder Meta bleiben. Er vergleicht es mit der Debatte um Musik-Sharing (Napster und so, die Älteren erinnern sich) und den Aufruf, die großen Musik-Label zu boykottieren: “If members of your popular movement are not allowed to listen to popular music, your movement won't be very popular.”
Drones with Legs Can Walk, Hop, and Jump into the Air: Wir haben ja inzwischen ein ziemlich klares Bild vor Augen, wenn es um Drohnen geht. Also sowohl die, die bei uns rumfliegen und mit denen man hübsche Fotos und Videos machen kann, als auch jene, die in den Kriegen dieser Zeit eingesetzt werden. Aber die Drohnen hier sehen ganz anders aus - sie haben nämlich Füße. “Shin’s RAVEN (Robotic Avian-inspired Vehicle for multiple ENvironments) drone, with its bird-inspired legs, can do jumping takeoffs just like crows do, and can use those same legs to get around on the ground pretty well, too".” Und warum? Weil man von den Vögeln gelernt hat. “With a few exceptions, those bird things aren’t actually flying: Flying is a lot of work, and many birds have figured out that they can instead just walk around on the ground, where all the food tends to be, and not tire themselves out by having to get airborne over and over again.”
Starlink is now cheaper than leading internet provider in some African countries: Ich tue mich ja schwer damit, über Firmen von Elon Musk so zu schreiben, als ob er nicht der der zunehmend durchgeknallte Typ wäre, der mit Alice Weidel über Marsbesiedelung, Ersatzplaneten und den Kommunisten Adolf Hitler parliert. Aber Starlink macht offenbar was richtig, wenn es damit den Zugang zum Internet in einigen Regionen der Erde deutlich erleichtert: “In at least five of the 16 African countries where the service is available, a monthly Starlink subscription is cheaper than the leading fixed internet service provider.” Dazu kommt: “Regions which are previously underconnected — where there was no way of getting internet connectivity to them — now with these satellites, you can actually enable that.”
Linux Creator Reveals the Future of Programming with AI: Das Thema “Programmierer/innen durch KI ersetzen” kam jüngst durch die Ankündigung von Meta-Chef Mark Zuckerberg wieder hoch, der gerne 1% seiner Leute loswerden und dafür mehr KI bei der Softwareentwicklung nutzen will. Linux-Erfinder Linus Torvalds ist nicht so überzeugt, dass KI heute wirklich Menschen bei den Tätigkeiten ersetzen kann - und hält auch den Einsatz von KI bei der Programmierung nicht für ganz so revolutionär, wie viele meinen: “this “autocorrect on steroids” has some serious potential to boost productivity. It’s already helping developers write and refine code, which, as Torvalds puts it, is simply the next step in a long line of automation tools. Remember when people used to write code in machine language? Yeah, those were the days.”
Why Stack Overflow and Reddit Still Beats AI For Your Tech Problems: Und noch ein interessanter Text in dem Kontext “KI beim Programmieren” und warum KI nicht die Antwort auf alle Fragen ist. “AI is incredible. It can help you write code, explain concepts, and even catch basic errors. But here’s what it can’t do: Tell you about that one weird bug that only happens on Windows servers during full moons. Share horror stories about why you shouldn’t implement a solution that looks perfect on paper. Provide that crucial “Yeah, but…” comment that saves you from a massive headache three months down the line.” Oder kurz: “It’s like having a really smart friend who’s memorized all the programming books but has never actually coded in production. They know how it’s supposed to work, but not how it really works and they also haven’t felt the pain.”
Google is making AI in Gmail and Docs free — but raising the price of Workspace: Google macht KI in den Unternehmens-Konten (Workspace) zum Teil des Standard-Angebots - und erhöht gleichzeitig die Preise. Und geht damit einen ähnlichen Weg wie andere Softwareunternehmen. “But these companies all understand that this is their moment to teach people new ways to use their products and win new customers in the process. They’re betting that the cost of rolling out all these AI features to everyone will be worth it in the long run.”
Don't use cosine similarity carelessly: Ja, der Text ist so nerdig wie sein Titel vermuten lässt. Es geht um Vektoren und wie man Antworten in großen, großen Datenbeständen findet, die zur Frage passen. Das ist eine der Basistechnologien, die unsere KI-Systeme antreiben. Insofern lohnt sich da ja ein bisschen Grundwissen, dieser kleine Newsletter hat ja auch einen Bildungsauftrag. Es geht dabei teilweise mathematisch, teilweise sehr unterhaltsam um die Frage, wie man nicht Sätze findet, die buchstabenmäßig am ähnlichsten sind, sondern die, die inhaltlich am besten passen. Und wie schwer das manchmal sein kann: “In the US, word2vec might tell you espresso and cappuccino are practically identical. It is not a claim you would make in Italy.” Einfach mal reinlesen.
Undisruptable Technology im Bild
Just watched my 5-year-old son chat with ChatGPT advanced voice mode for over 45 minutes.
— Andrew Wilkinson (@awilkinson) November 15, 2024
It started with a question about how cars were made.
It explained it in a way that he could understand.
He started peppering it with questions.
Then he told it about his teacher, and…
Und zuletzt...
Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich mal so ein elektronisches Spielzeug hatte, mit einem schwarz-weiß-pixeligen Monitor und zwei Tasten, auf denen man ein Spiel spielen konnte, bei dem Frösche über eine Straße hüpfen mussten (Frogger, genau). Tolle Sache, damals. Und dann kamen Computer und ein Spiel wie Tetris. Krasse Hardwareanforderungen und so. Und heute? Kann man Tetris in einem PDF spielen. Funktioniert wirklich. Und es gibt Leute, die bringen das 1990er-Ballerspiel “Doom” (wir haben damals dafür noch die AStA-Computer zweckentfremdet, da gab es sogar ein echtes Netzwerk zum Zocken) auch ins PDF.