no thank you [Undisruptable Technology - Ausgabe #272]
#272, 14. Februar 2025
Guten Morgen,
vergangene Woche ging es hier ziemlich viel um die US-Politik. Natürlich mit einem starken Tech-Bezug - ich sage nur COBOL und Schreib- oder Lesezugriffe auf Regierungsdaten. Diese Woche sieht der Newsletter von der Themenauswahl her wieder “normaler” aus, was aber nicht heißt, dass die Situation (in den USA und überhaupt) “normal” ist. Wer sich für das Thema interessiert, der findet online viele gute Informationen dazu (“Wired” macht zum Beispiel eine journalistisch wirklich vorbildliche Berichterstattung zum Thema, ansonsten empfehle ich auch diese Seite mit ihrem durchaus reißersichen Titel “Trump Tyranny Tracker”).
Aber eine Sache noch, bevor wir aus Übersee zurückkehren: Elon Musk weiß ja gar nicht wohin mit seiner Energie. Ob Firmenchef von Tesla, SpaceX oder X, ob Regierungsberater oder Demokratie-Abrissunternehmerkommt, Zeitreisender aus den 1930ern, man kommt ja kaum mehr mit. Und dazwischen haut er auch noch zu fast allen Themen seine Meinung raus. Zum Beispiel auch hier, wo er sich darüber lustig macht, dass jemand ihn beim Unsinn-Schreiben erwischt hat und er jetzt den anderen als Trottel bezeichnet, der glaube, die US-Regierung nutze SQL. SQL, hahaha. Oder? Was, wie darunter Wissende schreiben, mit absoluter Sicherheit der Fall sei. Komplizierte Gemengelage, wer nicht so tief einsteigen will: Kann gut sein, dass Musk von digitalen Technologien ähnlich viel versteht wie vom Gaming.
Bis nächste Woche,
Andreas Streim
Ten news that fit to send
How Amazon blew Alexa’s shot to dominate AI, according to more than a dozen employees who worked on it: Als ich den Artikel gelesen habe, habe ich mich gefragt, warum ich mich eigentlich nicht früher darüber gewundert habe: Warum hat Amazon eigentlich keine ordentliche KI? Ich meine, ein ChatGPT & Co. in der Alexa-Box hier auf meinem Schrank, das wäre doch echt ein Gamechanger. Aber die Antworten von Alexa sind - sorry - einfach nur Schrott, für mehr als die Wettervorhersage, Radio abspielen und das Licht an- und ausschalten ist sie eigentlich nicht zu gebrauchen. Warum das so ist? Keine Ahnung. “Fortune” gibt aber eine Antwort: “The reason, according to interviews with more than a dozen former employees who worked on AI for Alexa, is an organization beset by structural dysfunction and technological challenges that have repeatedly delayed shipment of the new generative AI-powered Alexa. Overall, the former employees paint a picture of a company desperately behind its Big Tech rivals Google, Microsoft, and Meta in the race to launch AI chatbots and agents, and floundering in its efforts to catch up.”
The Anthropic Economic Index: Anthropic, das KI-Unternehmen, das unter anderem Claude an den Start gebracht hat, hat einen KI-Report veröffentlicht. “The Index’s initial report provides first-of-its-kind data and analysis based on millions of anonymized conversations on Claude, revealing the clearest picture yet of how AI is being incorporated into real-world tasks across the modern economy.” Ein interessantes Ergebnis: “AI use is more prevalent for tasks associated with mid-to-high wage occupations like computer programmers and data scientists, but is lower for both the lowest- and highest-paid roles. This likely reflects both the limits of current AI capabilities, as well as practical barriers to using the technology.”
Trump Supporters Lost a Staggering Amount of Money as They Bought His Meme Coin: Donald Trump würde wahrscheinlich auf “Truth Social” rumposten: “SCAM! SUCH A BAD PRESIDENT!” Wird er aber nicht, weil es geht ja um ihn. Und seinen Meme-Coin- hmmm… Stunt? Betrug? Setzen Sie ihr eigenes Lieblingswort ein. Auf jeden Fall hat er ja zum Amtsantritt so eine digitale Coin rausgehauen, $TRUMP halt. Und die “New York Times” hat mal nachgeschaut, was die Käuferinnen und Käufer denn davon hatten: “while a few cashed out in time to steal away with huge profits, the vast majority — over 810,000 wallets — were left holding the bag. Collectively, the unlucky suckers lost more than $2 billion after the price of the coin crashed. That said, just under 700,000 managed to cash out with a profit, fat or slim, totaling $6.6 billion. But a sizable chunk of that, about $699 million, was clinched by just 31 early investors.” Ich behaupte mal: Für die Richtigen (also die Falschen) hat es sich gelohnt, und für Potus bestimmt auch. Und wer sich fragt, womit der sich jetzt so beschäftigt (außer die US-Demokratie in Stücke hauen), nun ja, mit Glühbirnen.
How London’s Taxi Drivers Navigate the City Without GPS: Hand aufs Herz - wer fährt ohne Navi mit dem Auto? Also ich werfe sogar Google Maps an wenn ich 10 Minuten durch die Stadt bei schlimmen Regen zum Sportplatz fahre, um das Kind vom Fußball abzuholen. Einfach… weil es geht. Und man vielleicht ja doch auch einen Staus dort sieht, bevor man drinsteht. Aber nicht alle Menschen sollten das Navigieren dem Navi überlassen: “A new study looking at how cab drivers plan their routes suggests that human navigators may be more strategic than their artificially intelligent counterparts. The findings, published in the Proceedings of the National Academy of Sciences, could potentially help train AI algorithms to work more efficiently and use less energy, the researchers say.”
Smuggling arbitrary data through an emoji: Ich befürchte, dass dieser Text wieder in die Kategorie “ein bisschen zu nerdig” einsortiert wird, aber ich finde das wirklich extrem spannend. Man kann jemand anderem ein Emoji schicken, zum Beispiel das klassische lachende Gesicht, und wenn der dieses eine Zeichen kopiert und in einen Decoder kopiert, dann steht da plötzlich das Smiley und dahinter das Wort “Hallo”. Oder halt auch was ganz anderes. Man kann einfach Daten mit einem Emoji “schmuggeln”.
Mehrheit der Deutschen hat Angst vor Cyberangriffen – und einem Cyberkrieg: Ob zerschnittene Untersee-Internetkabel, Ransomware-Attacken auf Kliniken oder Datendiebstahl in Behörden - wenn man die immer und immer wiederkehrenden Schlagzeilen liest fragt man sich ja eher, warum nicht mehr passiert (und wenn man wie hier unten liest, wie einfach manchmal Sicherheitslücken auszunutzen sind, dann erst recht). Bei meinem Arbeitgeber Bitkom haben wir mal die Bevölkerung gefragt, wie sie das denn so sieht, mit der Cybersicherheit: “70 Prozent der Menschen in Deutschland schätzen die Gefahr durch Cybercrime insgesamt als hoch ein und ebenso viele halten Deutschland für schlecht vorbereitet. 61 Prozent haben Angst vor einem Cyberkrieg und für rund zwei Drittel (64 Prozent) ist Deutschland dafür nicht gut gewappnet.”
Leaking the email of any YouTube user for $10,000: Man liest ja öfter mal von solchen “Bounty-Programmen”, also wo “Hacker” Fehler und Sicherheitslücken in Software finden und dann von den Unternehmen Geld bekommen. Der Text beschreibt, wie eine Sicherheitslücke bei Youtube aufgedeckt wurde, mit der E-Mail-Adressen praktisch für jeden sichtbar gewesen sind. Echt interessant, wie man dazu vorgeht, Schritt für Schritt. Und es zeigt Außenstehenden (wie mir) auch, wie schwierig es nun mal ist, Fehler und Sicherheitslücken in Software komplett zu verhindern.
There Hasn’t Been Much if Any Reduction in WFH in over Two Years, Despite the Hype about RTO: Im Moment kann ja jedes Unternehmen Schlagzeilen machen, dass ankündigt: “Zurück ins Büro! Wir schaffen das Homeoffice ab!” (Wäre ja noch schöner, wenn die Leute mittags zum Friseur gehen und trotzdem nur bis 22 Uhr arbeiten.) Mal abgesehen davon, dass ich immer die Personalabteilungen in den Firmen bemitleide, die künftig Leute einstellen müssen und bei der Frage nach Homeoffice nur traurig den Kopf schütteln können, lässt sich offenbar feststellen: Viel Lärm um nichts. “The good folks in commercial real estate, including institutional investors, have been saying for over a year that the Return-to-Office mandates will scuttle Working-from-Home and fill up office space and boost the office sector out of its epic depression. (…) But those media reports may be giving the wrong impression, and in fact very little has changed since the beginning of 2023 in terms of actual office attendance and the percentage of full paid days worked from home – which is what should matter to the CRE industry, rather than the breathless media reports. So we’ll look at these two data sets.”
Awesome-European-Tech: Github ist ja eher bekannt als Ort, wo Software entwickelt wird und so, man kann dort aber andere Projekte ganz gut hosten, zum Beispiel das hier: “An up-to-date list of recommended European projects and companies, curated by the community to support and strengthen the European tech ecosystem, specifically for users interested in privacy and sustainability.”
reCAPTCHA: 819 million hours of wasted human time and billions of dollars in Google profits: Ich finde das immer noch eine tolle Idee. Man tut so, als ob man feststellen will, dass wirklich nur ein Mensch eine Website nutzt. Und in Wirklichkeit? “In 2007 Luis von Ahn had a good idea: why not use CAPTCHAs to help digitize scanned text from books and newspapers that computers struggled to read. His creation, called reCAPTCHA, proved so effective that the New York Times used it to digitize its archive of 13 million articles dating back to 1851.” Ach ja, und inzwischen können Algorithmen Captachs eigentlich locker knacken, aber inzwischen sind sie halt Teil der Tracking-Industrie (wobei ich personalisierte Werbung ja eher gut finde, aber anderes Thema).
Undisruptable Technology im Bild

Und zuletzt...
Die Zukunft ist… Werbung im Auto. Wäre doch eine witzige Idee, dass wenn man an der Ampel ohnehin anhalten muss, das Cockpit statt Tempo und Drehzahl einen kurzen Werbeclip zeigen würde. Und wer es nicht mag kann sich ja beim Autohersteller mit einem Plus-Abo mit monatlichen Gebühren freikaufen. Klingt dystopisch? Bei Jeep arbeitet man mit Hochdruck dran: “In a move that has left drivers both frustrated and bewildered, Stellantis has introduced full-screen pop-up ads on its infotainment systems. Specifically, Jeep owners have reported being bombarded with advertisements for Mopar's extended warranty service. The kicker? These ads appear every time the vehicle comes to a stop.”
Und um noch mit etwas Positiven zu enden:
no thank you but we will buy twitter for $9.74 billion if you want
— Sam Altman (@sama) February 10, 2025