Nach 20 Jahren mal wieder in den Zoo? [Undisruptable Technology - Ausgabe #279]
#279, 25. April 2025
Guten Morgen,
sind Sie nett zu Ihrer KI? Also nicht nur höflich bei den Fragen und Prompts, sondern schickt hier jemand auch noch ein “Vielen Dank” nach getaner Arbeit hinterher? Ich gestehe, ja, manchmal tue ich das - und bin damit offensichtlich mit Schuld daran, dass OpenAI & Co. echt viel Kohle verlieren. Von der Umweltbelastung mal ganz zu schweigen.
Auch sonst geht es in dieser Ausgabe an vielen Stellen um KI, aber in sehr unterschiedlichen Bereichen. Von der Cybersicherheit bis dazu, ob LLMs denn auch physische Dinge wie ein Schraubengewinde produzieren können. Da haben so spannende Fragen, ob eklige Menschen nicht einfach auch eklige Menschen zu KI sind, gar keinen Platz mehr gefunden in der Liste der 10 Artikel rund um digitale Disruptionen und analoge Absonderlichkeiten. Aber dafür gibt es ja notfalls immer noch diese kleine Einleitung.
Aber jetzt noch zu etwas völlig anderem: Wer weiß noch, wann sie oder er das erste eigene YouTube-Video hochgeladen hat? Meines ist 16 Jahre alt und stammt vom 7. März 2009. Entstanden auf der grandiosen Cebit, beim Messerundgang des Brandenburgischen Wirtschaftsministers, der sich dort IPTV hat erklären lassen. Und wir von der märkischen Regionalzeitung, die ihn begleitet haben, haben auf dieser Tech-Schau der Superlative natürlich auch unsere eigene High-Tech ausprobiert - die (natürlich privat angeschaffte) digitale Videokamera. Denn, für die Jüngeren unter uns, die Handykamera-Qualität war da so eher Mäh. Warum ich das erzähle? Weil noch (oder: erst? schon?) 4 Jahre vor meinem Video das allererste YouTube-Video hochgeladen wurde, von einem der Mitgründer. Und das ist fast so gut wie der Messerummel und unten verlinkt. Nur der Ton ist besser, das muss ich zugeben.
In diesem Sinne bis nächste Woche,
Andreas Streim
Ten news that fit to send
But what if I really want a faster horse?: Dieser Newsletter trägt ja Texte zusammen, die mir besonders aufgefallen sind. Weil sie spannend sind, neue Tech-Trends aufgreifen, etwas gut erklären, meine Nerdigkeit bedienen - oder mir aus der Seele sprechen. Wie dieser hier, der das berühmte Henry-Ford-Zitat “If I had asked people what they wanted, they would have said faster horses” aufgreift. Und dann hätte es nie ein Auto gegeben, wenn man sich an die Wünsche der Leute gehalten hätte. Aber was heißt das in der digitalen Welt? Dass lauter einmal echt coole (weil einfache) Dienste plötzlich was anderes und zugleich das selbe sein wollen: irgendwie TikTok. “Overall, consistency, user control, and actual UX innovation are in decline. Everything is converging on TikTok—which is basically TV with infinite channels. You don’t control anything except the channel switch. It's like Carcinisation, a form of convergent evolution where unrelated crustaceans all evolve into something vaguely crab-shaped.”
OpenAI is building a social network: Ok, das ist wirklich ein bisschen lustig. Während X-Twitter seinen KI-Bot Grok ins Netzwerk presst und versucht, OpenAI das leben vor Gericht schwer zu machen, denkt der Vorzeige-KI-Entwickler über ein eigenes soziales Netzwerk nach. Dabei geht es nicht nur um den Hahnenkampf Musk-Altman (oder Altman-Musk) und es wird vermutlich auch nicht ein tolles Netzwerk für die Nutzerinnen und Nutzer werden (meine These), sondern es geht ums KI-Kerngeschäft: “A social app would also give OpenAI its own unique, real-time data that X and Meta already have to help train their AI models. Musk’s Grok surfaces content from X in its results (Musk recently went so far as to merge X and xAI into the same company), while Meta trains Llama on its vast trove of user data.” Und das in einer Zeit, wo der “New Yorker” meint, selbst für Mark Zuckerberg sei die Zeit der sozialen Netzwerke vorbei. Auch weil da schon lange nicht mehr klar ist, was wahr und was falsch ist - und wer echt ist und wer unecht: “Bot farms invade social media to hijack popular sentiment”
President Trump signs executive order boosting AI in K-12 schools: Wenn über Executive Orders von Donald Trump geschrieben wird, dann sind das zumeist welche, bei denen am Ende nichts Gutes bei rauskommt. Halt sowas wie 4.832 Prozent Zoll auf irgendwas von irgendwoher. Aber hier hat er ein Dekret unterzeichnet, um KI in die Schulen zu bringen. “The order ‒ one of seven education-related directives Trump signed April 23 ‒ underscores an area of bipartisan concern: how best to incorporate AI into teaching. Both Democrats and Republicans have expressed fears about American students falling behind other nations, particularly China, as technology becomes more advanced and integrated into the workforce.”
How I Used AI to Create a Working Exploit for CVE-2025-32433 Before Public PoCs Existed: Das ist eine wirklich spannend geschriebene Geschichte, wie man heute mit Hilfe von frei verfügbaren KI-Tools in sehr, sehr kurzer Zeit Software erstellen kann, die gerade erst bekannt gewordene Schwachstellen in Software wie zum Beispiel Betriebssystemen ausnutzt. Wer sich nur ein bisschen für das Thema interessiert, sollte den Text (der manchmal etwas technisch ist) unbedingt zumindest mal querlesen. “That's it. From a tweet → to digging into diffs → to full PoC exploit — all with no prior public code to start from. And most of it done by AI. Wild. This opens up some serious questions about how quickly AI can assist in vulnerability research — or even automate entire chunks of it. We're watching a new era of security tooling come to life.”
How a 20 year old bug in GTA San Andreas surfaced in Windows 11 24H2: Wer Software verwendet, der kennt das: Plötzlich funktioniert irgendwas nicht mehr so wie vorher. Aber was ist passiert? Gab es ein Update des Betriebssystems? Des Programms? Einen Wetterumschwung? Auf jeden Fall ist da jetzt… ein Fehler. Genauso ging es dem Autor, bei dem Grand Theft Auto (GTA) plötzlich nach einem Update auf Windows 11 24H2 nicht mehr funktionierte. Oder genauer: Bei dem plötzlich genau ein Flugzeug in dem Spiel nicht mehr da war. Die Fehlersuche ist nerdig, zugegeben, aber das Interessante ist: Der Fehler war schon Ewigkeiten im Spiel, nicht Windows hat etwas falsch gemacht, sondern eher plötzlich richtig, und dann trat der jahrealte Fehler ans Tageslicht. Wer darüber nachdenkt, was Software auf dieser Welt so alles steuert, für den ist der Text zumindest ein bisschen beunruhigend. “This is an interesting lesson in compatibility: even changes to the stack layout of the internal implementations can have compatibility implications if an application is bugged and unintentionally relies on a specific behavior. This is also not the first time I encountered issues like this: regular visitors might remember Bully: Scholarship Edition which famously broke on Windows 10, for very similar reasons. Just like in this case, Bully should have never worked properly to begin with, but instead, it got away with making incorrect assumptions for years, before changes in Windows 10 finally made it run out of luck.”
100 days of DOGE: lots of chaos, not so much efficiency: Echt schon 100 Tage her? Dass Elon Musk mit seiner Krypto-Meme-Behörde angefangen hat, die US-Verwaltung zu entkernen? Zeit für eine erste Bilanz - und die fällt eher bescheiden aus. Reuters hat ein paar schöne Beispiele von contraproduktiven Maßnahmen rausgesucht, was die MAGA-Fans vermutlich nicht anficht, aber auch Konservative werden eher zweifelnd zitiert: “"DOGE is not a serious exercise," said Jessica Riedl, a fellow at the Manhattan Institute, a fiscally conservative think tank that supports streamlining government. She estimates DOGE has only saved $5 billion to date, and believes it will end up costing more than it saves.” Und wer mehr so ein bisschen auf Klatsch und Tratsch steht, kann hier bei “Axios” noch ein bisschen weiterlesen, zum Ober-Doge.
DOGE Worker’s Code Supports NLRB Whistleblower: Sorry, nochmal Doge. Aber dieser Beitrag aus dem IT-Security-Umfeld beleuchtet sehr faktenreich und seriös den seltsamen Umgang mit Sicherheitsrichtlinien und die Verwendung von zweifelhaftem Code durch die IT-Experten der Effizienz-Behörde. Aber, hey, das sind doch die richtig coolen Hacker-Kids, die Elon Musk da an die Behörden-Daten lässt, die kennen sich eben aus. Nun ja, der Autor hat mal die Kommentare zu einem Software-Projekt eines dieser Genies durchforstet: ““If this were a side project, it would just be bad code,” the reviewer wrote. “But if this is representative of how you build production systems, then there are much larger concerns. This implementation is fundamentally broken, and if anything similar to this is deployed in an environment handling sensitive data, it should be audited immediately.”” Vertrauenserweckend.
Starbucks opens its first 3D-printed store. Is it cheaper than the real thing?: Eine Starbucks-Drive-In-Filiale komplett aus dem 3D-Drucker. Das gibt es jetzt in Texas, gebaut von einem deutschen Startup. Dabei hat das Gebäude allerdings nicht weniger, sondern eher sogar ein bisschen mehr gekostet, als bei herkömmlicher Bauweise - aber die Kosten könnten in Serienfertigung auch deutlich sinken. Der Artikel hat zudem noch eine ganze Reihe interessanter Links zu anderen 3D-Bau-Projekten. “3D-printing is gaining momentum for construction purposes, given it’s less time-consuming and has the power to be less costly. In addition to housing, in Japan, a 3D-printed train station was just erected. And Peri-3D, itself, has completed at least 15 construction projects, including residential buildings in Europe and Germany.”
Teaching LLMs how to solid model: Was als KI-Chatbot angefangen hat und von dem wir dann gelernt haben, dass es Large Language Model heißt, hat seitdem ja einige durchaus überraschende Entwicklungsschritte hingelegt. Ich sage nur, Bilder erzeugen oder Musik und sogar Videos, oder aber auch Programmcode schreiben. Was aber, wenn wir das alles in die physische Welt übertragen und die LLMs Dinge erschaffen? “What would an AI agent look like for mechanical engineering? Material selection, design for manufacturing, computer-aided manufacturing (CAM), and off-the-shelf part comparison would all be important features of an AI mechanical engineer. Perhaps, most importantly, an AI mechanical engineer would design and improve CAD models. Mechanical engineers typically design CAD using point-and-click software (e.g. Fusion 360, Solidworks, and Onshape). How could AI generate these solid models instead?”
LinkedIn will let your verified identity show up on other platforms: LinkedIn ist ja aktuell irgendwie das seriöseste große Social Network. Und steigt jetzt ins Identifizierungs-Business ein. “LinkedIn is expanding its free verification system to the wider web, allowing external sites and platforms to integrate LinkedIn verification rather than building their own tool. Adobe is among the first companies to sign up.”
Undisruptable Technology im Bild
Das hier ist das - eher unspektakuläre - erste Video, das jemals auf YouTube hochgeladen wurde. Und das ist inzwischen 20 Jahre her.
Und zuletzt...
Und, schon mal Schreibblockade gehabt? Angst vor dem weißen Blatt Papier bzw. dem leeren Editor-Fenster? Wie wäre es dann mit einer Runde Nowrite.fun? Die Spielanleitung ist, nun ja, ziemlich kurz: “No Write is a minimalist browser-based writing game where the only rule is: don’t stop typing. You're given a timer. It ticks down as long as you’re typing. Stop — even for a few seconds — and the countdown freezes. Wait a little too long? Game over.”
Und eine Sache muss hier noch in diesen Newsletter: Ich bin zum ersten Mal vor vielen, vielen Jahren auf die “Dry Bones”-Comics von Yaakov Kirschen gestoßen, der unter anderem israelische Politik und Nahost-Konflikt mit der Feder kommentiert hat. Was ich aber nicht wusste und wirklich spannend finde, dass er auch Computerspiele entwickelt hat - und zwar sogar KI-inspirierte, zu einer Zeit, als von KI auf (Home)Computern wirklich keine Rede sein konnte. In den 1980ern. “Kirschen wanted to coax life out of those cold silicon chips. He liked to say that what people wanted from their computers was not artificial intelligence, but artificial personality and creativity.”