Mit dem Freischwimmer auf Hacker-Jagd - [Undisruptable Technology - Ausgabe #248]
Guten Morgen,
ich bin diese Woche bei LinkedIn über eine Stellenanzeige der Polizei Berlin gestolpert, die sich aktiv um Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger als Cybercop bemüht. Also formal korrekt: Kriminalpolizei zur Bekämpfung der Cyberkriminalität. Wobei Quereinstieg ein bisschen schräg ist, weil man soll halt ein Informatikstudium mitbringen. Aber gut, hilft vielleicht für den Job, genauso wie die gewünschten "Kenntnisse im Umgang mit sozialen Netzwerken und vergleichbaren Kommunikationsplattformen im Internet". Was womöglich mit Blick auf die Zielgruppe etwas gestelzt klingt, aber sei's drum.
Und dann? Dann steht da allen ernstes in der Voraussetzung für die Job-Bewerbung: "das Deutsche Schwimmabzeichen mindestens in Bronze (Freischwimmer) darf zum Einstellungstermin nicht älter als 36 Monate sein, ein Nachweis ist erforderlich". Ja, ich weiß, man spricht vom Internet-Surfen, aber das hat - echt jetzt - nix mit Wasser und Schwimmen zu tun, liebe Polizei-Personalverwaltung. Und im nächsten Spiegelstrich wird verlangt: "eine Fahrerlaubnis der Klasse 3 bzw. B für Schaltgetriebe oder Klasse B mit Schlüsselzahl 197 für Automatik- und Schaltgetriebe". Grüße von der Daten-Autobahn?
Ich glaube, wer sich ernsthaft um Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger bemühen will, sollte mal seine Einstellungsvoraussetzungen durchforsten. Und das gilt jetzt nicht nur für die Polizei Berlin.
Ansonsten sind meine Digitalerfahrungen beim Polizeikontakt übrigens eher gut. Ich habe festgestellt, dass man in Berlin sehr komfortabel und fix eine Online-Anzeige beim Fahrradiebstahl erstatten kann. An dieser Stelle wünsche ich den Dieb/inn/en meines gerade mal drei Wochen alten Fahrrads alles Schlechte und Böse an den Hals, einen Platten mindestens und vorher noch einen fiesen Sturz wegen Radverhakung in den Tram-Gleisen. Die Schadensmeldung bei der Versicherung war übrigens ebenso unproblematisch, wobei sich mir nicht erschließt, dass man die notwendigen Dokumente nicht gleich mit hochladen kann, sondern danach erst eine E-Mail bekommt, auf die man dann mit Anhängen antworten muss - der digitale Prozess nicht ganz zu Ende gedacht. Ebenso wie das schöne Status-Dashboard, das jetzt seit zwei Wochen bei "in Bearbeitung" verharrt. So macht das zwar wenig Sinn, aber, hey, wir sind jetzt digital maximal transparent, haben wir dem Vorstand erzählt.
Bis nächste Woche, Andreas Streim
P.S. Letzte Woche musste dieser kleine Newsletter leider krankheitsbedingt kurzfristig und ungeplant ausfallen. Ich hoffe, es hat ihn niemand zu sehr vermisst.
Ten news that fit to send
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Bundesweiter Digitaltag: Heute ist bundesweiter Digitaltag - mit wirklich vielen, vielen Veranstaltungen rund um Digitalisierung. Vor Ort und virtuell - wer schnell ist findet bestimmt noch was Spannendes. Nötig ist dieser Tag, wie eine aktuelle Bitkom-Umfrage zeigt: "Für 85 Prozent machen digitale Technologien und Anwendungen ihr Leben unmittelbar leichter. Zugleich führt die zunehmende Digitalisierung aber auch dazu, dass sich Menschen davon überfordert fühlen – 41 Prozent sogar häufig und das über alle Altersklassen hinweg."
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REMOTE AMAZON TRIBE FINALLY GETS INTERNET, GETS HOOKED ON PORN AND SOCIAL MEDIA: Wie das mit digitalen Technologien ist, zeigt sich vielleicht wie unter einem Brennglas, wenn man das Internet an einen Ort bringt, wo es das bislang noch nicht gab. Klingt nach einem schwierigen Experiment, ist aber jetzt passiert. "A remote tribe in the Amazon rainforest is getting to experience the wonders of the internet for the first time, thanks to Elon Musk's satellite network Starlink. But, by connecting to the rest of the world, it sounds like the Marubo people are beginning to pick up some of our modern bad habits."
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Bye, bye Handy-Sucht: So hilft dir dieser kleine Würfel, die Bildschirmzeit zu reduzieren: Apropos digitale Überforderung. Es gibt ja viele Ideen, wie man verhindert, das Smartphone zu nutzen, obwohl man eigentlich gar nicht mehr will. Bildschirmzeit in den Einstellungen festlegen und so Sachen. Die Grundidee ist es immer, das Ganze so kompliziert wie möglich zu machen, damit man es im Fall der Fälle nicht aushebelt. Hier ist eine Hardware-Idee: "Öffnet man eine gesperrte App, steht dort groß: „THIS IS A DISTRACTION“ geschrieben. Will man nun seine Apps auf dem Smartphone entsperren, muss man es an den grauen Würfel halten."
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Nvidia overtakes Apple as No. 2 most valuable company : Nvidia ist nicht nur mehr Wert als der gesamte Dax, sondern ist jetzt auch die zweitwertvollste Firma der Welt. Warum? ""Nvidia is making money on AI right now, and companies like Apple and Meta are spending on AI," said Jake Dollarhide, chief executive officer at Longbow Asset Management."
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Instagram confirms test of ‘unskippable’ ads: Ich hab kürzlich mal wieder was bei Amazon gestreamt und muss gestehen, ich war als langjähriger Prime-Kunde von diesem Werbe-Kram, der in meinen ja irgendwie bezahlten Stream reingeknallt wird, ziemlich genervt. Bei kostenlos genutzten sozialen Netzwerken sieht das vielleicht ein bisschen anders aus - wobei die Frage ist, ob die Instagram-Idee, nicht überspringbare Werbung in das Scrollen des Bilder- und Video-Streams reinzuballern, schulterzuckend akzeptiert wird (oder eher TikTok & Co. freuen wird): "These new ad breaks will display a countdown timer that stops users from being able to browse through more content on the app until they view the ad, according to informational text displayed in the Instagram app."
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Zines: Scan and release: Klingt jetzt in der digitalen Welt mit Instagram irgendwie... von gestern: Zines. "The zine — that unruly riff on the glossy magazine, often handmade and always self-published — has long been associated with revolution. DIY dabblers and political thought guerrillas, superfan scenesters and couriers of counterculture have all found a home in the humble zine." Ich hab diesen Überblick über die Geschichte der Zines (deren Beginn man auch auf Martin Luther datieren könnte, wenn man wollte), aber gerne gelesen, vermutlich weil ich früher auch so ein paar Dinge (mit)produziert habe, die man unter diesen Begriff packen könnte. Ach ja, und der Digitalbezug? Es gibt hier ein Online-Archiv von mehr als 70.000 Zines. Und das ist einfach großartig, dass digitale Technologien nicht nur das Archivieren ermöglichen, sondern es auch jeder und jedem zugänglich machen.
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Fable wants audiences to generate their own shows: Wer mal ein bisschen rumprobiert hat, was KI heute alles rund um Text-, Bild- oder Musik-Generierung schon alles kann, den wird diese Idee hier nicht besonders überraschen: "San Francisco-based startup Fable is debuting a streaming service called Showrunner (filled with animated shows generated by AI), which gives audiences the ability to generate their own shows." Meine Muss-ich-noch-anschauen-Liste bei Netflix, Amazon & Co. ist allerdings so lang und wird nicht kürzer, dass ich mir eher nicht auch noch selbst was generieren wollen würde.
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I uploaded 11 years of my Day One Journal data yesterday to OpenAI's GPT-4: Als ich das bei LinkedIn gelesen habe, musste ich erstmal schlucken. Ist es eine gute Idee, Jahre von Tagebuchaufzeichnungen auf eine KI-Plattform hochzuladen? Auf der anderen Seite bin ich immer noch etwas traurig, dass ich mit meiner inzwischen verstorbenen Großmutter nie meinen Plan umgesetzt habe, über ihr Leben zu sprechen und das alles aufzuzeichnen - einfach damit meine Kinder ihre Ur-Oma irgendwann noch einmal besser kennenlernen können und etwas über ihre Familiengeschichte erfahren. Vielleicht ist eine so relativ offene KI-Plattform nicht der ideale Weg, aber mehr über Familiengeschichte weiterzugeben, dabei könnten digitale Technologien ja durchaus helfen.
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Mitsubishi develops robot that solves Rubik’s Cube-style puzzle in 0.305 seconds: Der Zauberwürfel ist auch so ein Ding, das in meiner - inzwischen länger vergangenen - Jugend ebenso begeistert hat wie auch heute noch. Es gibt jetzt einen neuen Weltrekord, der zumindest für Menschen uneinholbar ist. Aufgestellt hat ihn ein Roboter in Verbindung mit KI mit einer Drittel Sekunde...: "This robot connects a servo motor to each side of the cube, capable of turning 90 degrees in 0.009 seconds. It’s also highly responsive to an AI color-identifying algorithm to solve the cube in record time."
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VIDEO SHOWS CHINA'S RIFLE-EQUIPPED ROBOT DOG OPENING FIRE ON TARGETS: Aber Roboter drehen nicht nur bunte Farbplättchen auf Würfeln hin und her, sondern andere laufen auch mit Militäreinheiten durch die Gegend - und eröffnen jetzt auch das Feuer auf als Feinde erkannte Ziele. Zumindest in China, zumindest im Manöver: Das verlinkte Video "shows the killing machine dutifully hopping and diving, leading teams in reconnaissance, and shooting its back-strapped machine gun at targets".
Undisruptable Technology im Bild
Reid Hoffman hat einen "digitalen Zwilling" von sich erzeugt und interviewt ihn - und lässt sich dann von ihm interviewen. Hier gibt es auch ein Follow-up-Video davon. Hier gibt es auch ein bisschen Text dazu.
Update
Ich hatte hier ja schon was über Microsofts Idee von "Recall" geteilt - einer KI, die sich alles merkt, was man tut, und einem dann dabei weiterhilft. Klingt ja erstmal gut, scheint aber eher... hmmm, schwierig in der Umsetzung. Hier kommt noch ein ziemlich klarer Verriss der ganzen Idee:
""Hey, wouldn't it be great if we could use AI in Windows to help our users see everything they've ever done on their computer?" Is a great pitch, and Recall kinda-sorta achieves this. But the implementation is soemthing rather different. Recall takes snapshots of all the windows on a Windows computer's screen (except the DRM'd media, because the MPAA must have their kilo of flesh) and saves them locally. The local part is good: the term for software that takes regular screenshots and saves them in the cloud is "part of a remote access trojan". It then OCRs any text in the images, and I believe also transcribes any speech, and saves the resulting output in an unencrypted SQLite database stored in:
C:\Users\$USER\AppData\Local\CoreAIPlatform.00\UKP{GUID}
And there are tools already out there to slurp through the database and see what's in it, such as TotalRecall."
Kann man sich mal in der Gesamtheit durchlesen: Is Microsoft trying to commit suicide?
Und zuletzt...
Eine Startup-Geschichte, wenn auch keine Tech-Startup-Geschichte. Was ist es, wenn eine Limonade wenig Zucker enthält? Richtig, gesund. Aber was noch? Genau, verboten. Zumindest in Deutschland. Und zumindest bisher. Denn bislang musste eine Limonade in Deutschland mindestens 7 Prozent Zucker enthalten. Mindestens. Eine Limonade, die weniger Zucker enthielt, und sich Limonade nennt, hat deshalb Ärger bekommen. Und sich nun durch die Instanzen geklagt. Die ziemlich abstruse Geschichte kann man hier lesen.