May I take a poem of you? - [Undisruptable Technology - Ausgabe #244]
Guten Morgen,
worin unterscheidet sich die digitale Welt von der analogen? Kürzlich stand ich mit zwei anderen Leuten am Rande eines Fußballplatzes zusammen und es ging um die Frage, auf welchem Streaming-Dienst das Champions-League-Spiel am Abend läuft. Das ist ja eine Wissenschaft für sich, wer alle wichtigen Fußballspiele sehen will, der braucht dafür inzwischen Sky, DAZN, Amazon Prime und RTL. Mindestens. Und die Zeiten von "10 Euro pro Monat" sind da leider auch schon lange vorbei.
Auf jeden Fall sagte der eine ins Gespräch der anderen platzend, er mache da jetzt nicht mehr mit, das sei alles viel zu teuer. Er habe da eine Webseite entdeckt, da gebe es "irgendwelche illegalen russischen Streams von praktisch allen Spielen". Und das schaue er jetzt, die Qualität würde ihm reichen, so nämlich, weil abzocken lässt er sich nicht.
Und obwohl ich die Kritik an der Zersplitterung und der Preisgestaltung durchaus teile, irgendwie frage ich mich seitdem, ob er wohl auch Tipps austauscht, wie man an der Tankstelle ohne Bezahlen Sprit abziehen kann, ohne erwischt zu werden ("Abzocke bei Spritpreisen!") oder wie man an der Selbstbedienungs-Kasse im Supermarkt nur die Hälfte der Waren bezahlt, ohne von der Security entdeckt zu werden ("Diese Inflation lasse ich mir nicht mehr bieten!"). Ob da noch eine Form von Unrechtsbewusstsein greift oder das in der digitalen Welt - ich gegen die Tech-Konzerne des Planeten - einfach nicht so gesehen wird?
Ich grübele noch ein bisschen weiter, bis dahin gibt es hier einen heute außergewöhnlich prall gefüllten Newsletter, bei dessen Lektüre ich viel Vergnügen und neue Erkenntnisse wünsche. Bis nächste Woche,
Andreas Streim
Ten news that fit to send
-
Poetry Camera nimmt Poesie statt Fotos auf, dank Raspberry Pi und GPT-4: Das ist meine Lieblings-Meldung der vergangenen Woche, weil die Idee so naheliegt und einfach klasse ist. Eine Fotokamera, die kein Bild speichert oder ausgibt, sondern wie eine Polaroid nach dem Klick auf den Auslöser ein Gedicht zur aufgenommenen Szene ausspuckt. "These people have agreed to take a poem of them." Im Text ist auch ein schönes Video verlinkt.
-
Microsoft’s Phi-3 shows the surprising power of small, locally run AI language models: Nach dem Wettlauf um das größte und leistungsfähigste Sprachmodell geht es jetzt ein bisschen in die andere Richtung: Wer bekommt möglichst(!) gute Leistung in möglichst kleine Modelle? "In contrast, Microsoft aimed small with Phi-3-mini, which contains only 3.8 billion parameters and was trained on 3.3 trillion tokens. That makes it ideal to run on consumer GPU or AI-acceleration hardware that can be found in smartphones and laptops."
-
TheFastest.ai: Und wo wir gerade bei KI-Sprachmodellen sind. Es geht da ja nicht nur um groß oder klein, sondern auch um schnell(e Antworten) und langsam. "Human conversations are fast, typically around 200ms between turns, and we think LLMs should be just as quick." Die Seite liefert eine entsprechende Übersicht über sehr, sehr viele Sprachmodelle. Spoiler: GPT-x schneidet da gar nicht mal so gut ab.
-
Tesla teases robotaxi ridehailing function in its app: An großspurigen Ankündigungen mangelt es im Musk-Imperium ja selten. Und so wundert es auch nicht, dass es hier eine Sneak-Peak vom neuen Robo-Taxi-Service des Unternehmens gibt, der bald kommen soll. "“Tesla will be operating the fleet,” Musk said during an earnings call Tuesday. “So you can think of Tesla like some combination of Airbnb and Uber.”"
-
Facebook users say 'amen' to bizarre AI-generated images of Jesus: Eine interessante, aber auch recht bizarre Geschichte über KI-generierte Bilder und wie sie soziale Netzwerke fluten - und wie sie dort rezipiert werden. "Most of the images come from dozens of Facebook pages that post nearly every hour of the day, many of them inexplicably centered on themes involving Jesus and flight attendants. Some of those pages have built sizable followings in recent months, with the posts often garnering comments ranging from bot-like praise to snarky remarks aimed at users who seem to believe the images are real."
-
Recoding Voyager 1—NASA’s interstellar explorer is finally making sense again: Das ist schon aus digitaler Sicht eine krasse Geschichte, wie die Voyager 1 repariert wurde. Wenn manche davon ausgehen, dass wir bald keine Programmierer & Co. mehr brauchen, weil alles die KI macht - ich bin mir nicht so sicher, ob ChatGPT & Co. das Problem gelöst hätten. "Only about 3 percent of the FDS memory was corrupted by the bad chip, so engineers needed to transplant that code into another part of the memory bank. But no single location is large enough to hold the section of code in its entirety, NASA said. So the Voyager team divided the code into sections for storage in different places in the FDS. This wasn't just a copy-and-paste job. Engineers needed to modify some of the code to make sure it will all work together. (...) Newer NASA missions have hardware and software simulators on the ground, where engineers can test new procedures to make sure they do no harm when they uplink commands to the real spacecraft. Due to its age, Voyager doesn't have any ground simulators, and much of the mission's original design documentation remains in paper form and hasn't been digitized."
-
Vision Pro Demand Dwindles As Customer Interest Dropped After Initial Hype: Sieht so aus, als ob Apples VR-Brille "Vision Pro" zwar zunächst für einige Aufmerksamkeit und auch Begeisterung gesorgt hat, es aber zumindest mit den Verkäufen nicht so läuft. "While the headset had a solid start, the traction has reduced over time, potentially due to its hefty price tag and minimal real-world use cases. Prominent industry analyst claims that the demand for Vision Pro demos has greatly reduced, highlighting poor demand for the headset after initial hype."
-
It’s the End of the Web as We Know It: "The Atlantic" mit einer langen Reflexion darüber, dass es mit dem Web zuende geht: "The advent of AI threatens to destroy the complex online ecosystem that allows writers, artists, and other creators to reach human audiences.". Oder anders formuliert: "Search engines have traditionally facilitated such connections. By contrast, LLMs synthesize their own answers, treating content such as this article (or pretty much any text, code, music, or image they can access) as digestible raw material. Writers and other creators risk losing the connection they have to their audience, as well as compensation for their work."
-
Over a million Neighbourhood Watch members exposed through web app bug: Wenn persönliche Daten für Dritte abgreifbar sind, muss das nicht immer an einem Hack liegen. Manchmal können böse Menschen auch einfach "Bugs" ausnutzen - oder schlichte Denkfehler der Software-Hersteller: "In late March, one user reported a security issue to El Reg that allowed anyone to register as a NW coordinator on the platform and create what's known as a scheme. This can be a sub-region such as a block of 15 streets within a wider NW area, such as a city. After selecting a scheme – done by drawing an area within the platform's digital map integration as large as they wished – those who created the scheme could see all NW members in that area."
-
The long nightmare may be over — iPad could finally get a Calculator app: Ich bin ja eher im Android- als im Apple-Ökosystem verwurzelt, aber die Meldung konnte ich jetzt erstmal gar nicht glauben. Der iPad - nun auch schon etwas länger auf dem Markt - hat wirklich keine Taschenrechner-App? Aber, hey, gut das Apple ja ein innovatives Unternehmen ist und das jetzt nachliefert.
Undisruptable Technology im Bild
Ich gebe zu, dieses "Undisruptable Technology im Bild" ist ein bisschen dystopisch: Ein Roboterhund mit integriertem Flammenwerfer, oder wie der Slogan heißt: "This quadruped is coupled with the ARC Flamethrower to deliver on-demand fire anywhere." Den Text dazu gibt es hier bei "ArsTechnica".
Und zuletzt...
Es ist natürlich immer ein bisschen gehässig, rückblickend auf das zu schauen, was berühmte Leute mal gesagt haben, wenn sie so richtig daneben lagen. Das Video ist nicht neu, aber es lohnt sich anzuschauen: Former Microsoft CEO, Steve Balmer, laughing at the release of the first iPhone. Weil: Fast alles, was er da sagt, ist ja richtig - und trotzdem lag er so daneben. Vielleicht sollte man sich an solche Interviews erinnern, wenn es um neue Technologien wie KI, VR, Metaverse & Co. geht. Wobei die Welt der Digitalisierung halt auch voller Hypes ist, die genau so zu Ende gegangen sind, wie Balmer das hier für das iPhone vorhersagt.