Ist denn schon wieder Digital-Gipfel? - [Undisruptable Technology - Ausgabe #258]
#258, 18. Oktober 2023
Guten Morgen,
das Schöne, wenn man Kinder hat, ist ja: Sie können einem auch was beibringen, also zumindest ab einem gewissen Alter. Zum Beispiel habe ich so - sorry for being late to the party - diese Woche “geoguessr” kennengelernt. Und das ist einfach ein grandioses Spiel mit einer echt klugen Idee: Man wird irgendwo in eine Google Street View Situation geworfen und muss unter Zeitdruck herausfinden, wo in der Welt man sich befindet. Je näher man bei seinem Tipp dem Ort kommt, desto mehr Punkte gibt es. Und da steht man dann in einer Straße mit merkwürdigen Schriftzeichen und denkt sich nur: Hä? Oder landet auf einer sehr langen, sehr leeren Straße durch endloses Nichts und fragt sich nur: Wo bin ich hier? Man kann es einmal am Tag kostenlos spielen, sonst kostet es Geld - Abo-Modell, dazu unten mehr.
Ansonsten war diese Woche sehr digital, unter anderem mit der Smart Country Convention in Berlin, nächste Woche geht es dann weiter mit dem Digital-Gipfel der Bundesregierung in Frankfurt am Main. Hoffentlich bleibt dennoch Zeit für die 10+ Links zu digitalen Disruptionen und analogen Absonderlichkeiten, die ich auch diese Woche zusammengestellt habe.
Bis nächste Woche,
Andreas Streim
Ten news that fit to send
How Israel’s bulky pager fooled Hezbollah: Hätte man die Episode in die (übrigens: großartige) Fernsehserie “Fauda” über den israelischen Sicherheitsapparat eingebaut, sie wäre vermutlich als etwas zu gewagt verspottet worden. Aber hier beschreibt Reuters sehr genau, wie die Israelis der Hisbollah Pager mit eingebautem Sprengstoff verkauft haben - und dafür Produkte erfunden und im Internet Review geschrieben, denn: “From the outside, the pager’s power source looked like a standard lithium-ion battery pack used in thousands of consumer electronics goods. And yet, the battery, labelled LI-BT783, had a problem: Like the pager, it did not exist on the market.”
Scammers use AI to create scarily convincing phishing calls: Eine interessante Geschichte, wie Scammer mit KI-Hilfe versuchen, an Passwörter zu kommen. “"Despite many red flags upon closer inspection, this call seemed legitimate enough to trick many people," he continued. "My guess is that their conversion rate from calls answered would be relatively high."“
Abo für Spülmaschinen-Programme aufgetaucht: Ich muss gestehen, diese Abo-Manie nervt mich sehr. Zum Beispiel bei Spielen. Ich kaufe gerne mal ein Computerspiel und zahle dafür auch 80 Euro oder so, wenn es gut ist und ich es haben möchte. Ich hasse dagegen Abo-Gebühren, Play-Pass & Co., die immer und immer wieder mit kleinen Summen nerven. Aber diese Unsitte wird durch digitale Technologien offenbar jetzt auch auf andere Produkte “rübergeschwemmt”. “Ein Mieter in der Schweiz wurde kürzlich mit dieser Situation konfrontiert, als sein defekter Geschirrspüler durch ein neues V-Zug-Modell ersetzt wurde. Nach der Installation wurde klar, dass einige Funktionen des Geräts nur gegen eine jährliche Gebühr von 12 Franken zugänglich sind. Zu diesen Sonderprogrammen gehören unter anderem ein intensiverer Reinigungszyklus, spezielle Einstellungen für Biergläser und sogar ein Programm zum Erwärmen von Tellern.”
Inside the TikTok documents: Stripping teens and boosting 'attractive' people: Wenn ich manchmal sehe, wie meine Kinder durch Youtube Shorts scrollen, dann wird mir schon ein bisschen anders. Was man dann hier über TikTok liest, beunruhigt auch so einen wirklich digitalaffinen Menschen wie mich. “When TikTok’s main video feed saw “a high volume of … not attractive subjects” filling everyone’s screens, the app rejiggered its algorithm to amplify users the company viewed as beautiful, according to an internal report viewed by Kentucky investigators.” Oder: “One document shows a TikTok project manager speaking candidly about the time-limit feature’s real goal: “improving public trust in the TikTok platform via media coverage,” the TikTok employee said. “Our goal is not to reduce the time spent.””
Fish Out of Water: How the Military Is an Impossible Place for Hackers, and What to Do About It: Kriege werden zunehmend hybrid geführt, Cyberwar ist kein Science-Fiction-Schlagwort mehr. Auch das Militär versucht, Cyber-Kapazitäten aufzubauen. Und hat dabei offenbar ein Problem. “The U.S. military established Cyber Command almost a decade ago, but it fails to maximize its contributions to national mission. Struggles on all levels — from the political to operational — contribute to Cyber Command’s ineffectiveness. But simmering beneath the surface is a crippling human capital problem: The military is an impossible place for hackers thanks to antiquated career management, forced time away from technical positions, lack of mission, non-technical mid- and senior-level leadership, and staggering pay gaps, among other issues.”
Welcome to Cyberspace, Berlin 😎: In Berlin kann man sich jetzt online an- und ummelden. Das ist an sich wirklich eine tolle Sache, den Startschuss hat der Regierende Bürgermeister auf der Smart Country Convention (SCCON) diese Woche gegeben. Der “Spiegel” nimmt allerdings genüsslich aufs Korn, wie komplex der digitale Prozess noch sein kann. Vielleicht hätte man sich mal vorab beim SCCON-Partnerland Lettland informieren sollen, wie es vielleicht auch einfacher geht?
Updates unmöglich: Niederlande müssen Ampeln wegen Sicherheitslücke austauschen: Und wäre das in Berlin passiert, man hätte wieder gesagt: Typisch! Und die “Spiegel”-Glosse hätte sich von alleine geschrieben. Aber hier geht’s um die Niederlande, das Problem ist aber dennoch gravierend: Vor Cyberangriffen schlecht geschützte Ampeln, die man leider nicht updaten kann. “Obwohl die verwundbaren Funkempfänger sich oft in separaten Schaltkästen befinden und somit die Lichtzeichen nicht abgebaut werden müssen, ist der Aufwand für diese Aktion erheblich. Laut RTL Nieuws schätzen Fachleute, dass der Austausch der zehntausenden Anlagen sich bis 2030 hinziehen wird.”
Why Elon Musk's events in Pennsylvania likely violate federal law: So wie man früher ja Bahn-Chef Mehdorn gesagt hat, sagt man ja auch immer Tesla-Gründer Elon Musk. Jetzt ist ja schon das mit dem “Gründer” umstritten, eigentlich hat er den Laden nur übernommen, aber vor allem muss man sich fragen, ob er nicht inzwischen eher zu einem Politiker fragwürdiger Coleur geworden ist. Interessanter Text, ich wusste nicht, dass er 47 Dollar für Unterzeichner einer Petition bezahlt hat.
The Optimus robots at Tesla’s Cybercab event were humans in disguise: Apropos Elon Musk, offenbar bleibt neben dem politischen Geschäft weniger Zeit für Technologie-Entwicklung und so Zeug. “Tesla made sure its Optimus robots were a big part of its extravagant, in-person Cybercab reveal last week. The robots mingled with the crowd, served drinks to and played games with guests, and danced inside a gazebo. Seemingly most surprisingly, they could even talk. But it was mostly just a show.”
She used Grammarly to proofread her paper. Now she's accused of 'unintentionally cheating.': Das ist schon ein älterer Text, aber das Thema finde ich gerade sehr spannend: Wo fängt beim Einsatz von KI das Schummeln an. Klar, wenn ich mir meinen Schul- oder Uni-Aufsatz von ChatGPT schreiben lasse, eher keine Frage. Aber wenn ich meinen Aufsatz bei ChatGPT reinwerfe und nach Fehlern frage? Oder nach Verbesserungsvorschlägen? Oder einzelne Fragen damit beantworte? Und was ist dann eigentlich eine Rechtschreibkorrektur auf dem PC, ist die auch schon Schummeln? Und seit wann sind Taschenrechner das dann nicht? Ich denke, da kommen noch spannende Debatten auf uns zu. “In a story that’s gone viral, University of North Georgia student Marley Stevens ended up on academic probation for using Grammarly on her criminal justice essay. Stevens said her professor accused her of “unintentionally cheating” on her academic work because she used the program to proofread her paper.”
Undisruptable Technology im Bild
Und jetzt mal noch zu den guten Nachrichten: Erstmals beschäftigt sich mehr als die Hälfte der deutschen Unternehmen mit KI. Auch wenn der Anteil der Nutzer mit 20 Prozent noch ausbaufähig ist, die Kurven sind steil und zeigen in die richtige Richtung. Hier geht es zu den gesamten Ergebnissen der Bitkom-Studie.
Und zuletzt...
Ich habe im Schrank noch ein paar alte Festplatten liegen, die ich aus früheren PCs oder NAS ausgebaut habe. Die Daten sind inzwischen natürlich auch auf meinem aktuellen NAS, das gespiegelt und kopiert und was weiß ich alles ist. Und das ist vermutlich auch gut so, denn: Festplatten gehen kaputt. Auch wenn sie einfach nur rumliegen. Und jetzt wäre das bei mir vermutlich nicht ganz so wild, aber in der Welt da draußen? “Twenty percent of hard drives used for long-term music storage in the 90s have failed” Und was bedeutet das? “About a fifth of the hard drives it receives from the media industry for service are completely dead, said enterprise information management company Iron Mountain, which specializes in records management, information destruction, data backup, and data recovery. This means information contained within those drives — including studio masters, live sessions, and everything in between — could be lost forever unless the recording label has backed up the missing data in another storage drive or medium.” (Danke, Thomas, für den Hinweis.)
Oh, und dann noch dieses nerdige kleine Gimmick. Der Linux/Unix Befehl “man”, der eigentlich eine Anleitung für andere Befehle ausgibt, hat beim Aufruf ohne jeden Parameter die Antwort “gimme gimme gimme” ausgeworfen, wenn er um 00:30 Uhr gestartet wurde. Aber nur dann, ansonsten korrekterweise nix. Wie kann das sein? Die Antwort steht hier. Oder kurz: Es war ein Scherz: “The string comes from well known ABBA song Gimme! Gimme! Gimme! (A Man After Midnight).” Und war ein Scherz der Entwickler. Manchmal hoffe ich, dass solche Scherze nicht im Betriebssystem von Düsenjets oder AKWs enthalten sind, aber hier finde ich es lustig.