Guter Roboter, böser Roboter - [Undisruptable Technology - Ausgabe #264]
#264, 29. November 2024
Guten Morgen,
und herzlich Willkommen zu diesem ersten Adventswochenende. Kann man gar nicht glauben, dass dieses Jahr bald schon wieder vorbei ist. Ich würde ja gerne mal so eine Liste machen, was die “Undisruptable Technology”-Leserinnen und -Leser für die krasseste technologische Entwicklung dieses Jahres halten. Also für sich selbst persönlich, für die Welt, für was auch immer. Ob da genügend Einsendungen für den Jahres-Abschluss-Newsletter zusammenkommen? Einen Versuch wäre es wert. Also, ganz direkt: Ich freue mich auf formlose Einsendungen per Mail oder LinkedIn-Nachricht (wie und wo dieser kleine Text gerade gelesen wird).
Ich habe zum Jahresabschluss gerade so einen kleinen Programmier-Flash und habe mein GitHub-Portfolio verdreifacht (was auch etwas über seine bisherige bescheidene Größe aussagt (und es sind private Projekte, sorry)), viel über OpenAI- und Huggingface-APIs gelernt, über coden mit ChatGPT-Hilfe, über Python, plotly und Dash. Und festgestellt, dass ich mir so auch Menschen vorstelle, die in ihren Hobbykeller verschwinden und Holz zersägen, verleimen, durchbohren und antackern - einfach Freude am Erstellen, von etwas, was im Idealfall nachher sogar noch einen (gewissen) Nutzen hat, der Prozess selbst aber von außen betrachtet eher, hmmm, merkwürdig ist.
Dabei bin ich ja eher so der Software-Typ und deshalb bricht mir der Schweiß aus, wenn ich beim Versuch, in der Türklingelanlage einen 3-Cent-Drückknopf (den ich als Ersatzteil für 12,90 Euro gekauft habe, berechne die Gewinnspanne des Händlers - Matheklausur 8. Klasse) auszutauschen, das Kabel zum Lautsprecher abreiße. Und dann zwar der Türöffner wieder geht, aber man leider den Klingelton nicht mehr hört. Noch nervöser werde ich, wenn der gute Bekannte einem dann mit den Worten “das ist kein Problem” einen Lötkolben zur Leihe anbietet. Ende vom Lied: Der Bekannte war mit Lötkolben da, zwei Drähtchen sind verlötet, der Ton ist wieder da - und ich bin um ein Vielfaches begeisteter, dass Dinge in der echten Welt “verbessert” werden können, als ich das - trotz aller Begeisterung - bei Softwarecode bin. Irgendwie. Vielleicht sollte ich auch mal ein Vogelhäuschen zimmern. Oder sowas ähnliches.
Bis dahin wünsche ich aber viel Freude und neue Erkenntnisse mit diesen 10+ Links zu digitalen Disruptionen und analogen Absonderlichkeiten und verbleibe bis kurz vor dem zweiten Advent in der nächsten Woche,
Andreas Streim
Ten news that fit to send
Nvidia claims a new AI audio generator can make sounds never heard before: Ein neues KI-Sound-Tool von Nvidia macht schon ziemlich beeindruckende Geräusche. Einfach mal auf den Link klicken und das Video anschauen. “Some other examples shared by the company include the ability to produce unique sound effects based on a description, like “Deep, rumbling bass pulses paired with intermittent, high-pitched digital chirps, like the sound of a massive sentient machine waking up.””
Pretty much all Gen Z knowledge workers are using AI, survey finds: Dieses KI, benutzt das überhaupt irgendwer? “Twenty-something knowledge workers are pretty much all using generative AI tools, finds a survey out Monday from Google Workspace. (…) 93% of Gen Z respondents, age 22 - 27, said they were using two or more AI tools a week — such as ChatGPT, DALL-E, Otter_ai, and other generative AI products. 79% of millennials (28 - 39) said they used two or more of these tools a week.” Womöglich haben die alle noch nicht diesen Artikel gelesen: “One thing AI can't generate at the moment – compelling reasons to use it for work”
Which Countries Have the Most Industrial Robots?: Endlich mal eine Frage, bei der Deutschland nicht am Ende abgeschlagen irgendwo im unteren Mittelfeld landet. Achtung, Spoiler: Hierzulande sind es 415 Industrieroboter pro 10.000 Beschäftigte. Und damit liegen wir auf Platz 3 in der Liste und deutlich vor den USA. Wer wissen will, wer spitze ist, muss mal auf den Link klicken.
Amazon’s Moonshot Plan to Rival Nvidia in AI Chips: Was mal als Buchhändler in der Garage anfing, zum Online-Warenhaus und dann globalem Cloud-Dienstleister wurde macht sich jetzt auf, auch noch mit den Chip-Königen zu konkurrieren. Warum? Um unabhängiger von Anbietern zu werden. Oder: Digitale Souveränität.
Over ½ of Long Posts on LinkedIn are Likely AI-Generated Since ChatGPT Launched: Eine Vermutung, die viele schon seit einer Weile haben, jetzt mal quantifiziert: Auf LinkedIn hat die KI übernommen. Seit ChatGPT werden die Beiträge auf LinkedIn länger - und stammen immer häufiger gar nicht von den Leuten, deren Bild wir darüber sehen. Mich hinterlässt das etwas ratlos, aber wahrscheinlich habe ich einfach zu wenig “Build your personal brand”-Bücher gelesen.
Cybertruck’s Many Recalls Make It Worse Than 91 Percent of All 2024 Vehicles: Es ist jetzt natürlich auch ein bisschen blöd, dass sich Elon Musk weniger ums Tagesgeschäft in seinen Firmen kümmern kann, wenn er mit dem Abriss, äh Umbau der US-Behörden beschäftigt ist. Denn so richtig doll ist der Cybertruck nicht, auch wenn er wie blöd gekauft wird: “He calculates that the Cybertruck’s six recalls to date are “worse than 91 percent” of other 2024 vehicles. All this was possibly foreshadowed in 2023 when a leaked Tesla report showed the Cybertruck had basic design flaws.” Und wer jetzt sagt, na gut, der Cybertruck, das ist auch eher so eine Tesla-Verwirrung, den wird das hier auch nicht beunruhigen: “Teslas Are Involved in More Fatal Accidents Than Any Other Brand, Study Finds”.
Brendan Carr Makes It Clear That He’s Eager To Be America’s Top Censor: Ein ganz interessanter Artikel über Brendan Carr, der von Donald Trump als neuer Leiter der Medienaufsicht nominiert wurde. Im Trump-Lager wird ja viel das Schild “Meinungsfreiheit! Immer! Überall!” herumgetragen, wenn man genauer hinschaut steht aber klein drunter: “Für unsere Meinung, nicht für den woken anderen Quatsch”. So womöglich auch in diesem Fall.
Bluesky is breaking the rules in the EU: Als ich das gelesen habe, dass die EU jetzt mal Bluesyk ins Visier nimmt, habe ich mir gedacht: Cleverer Schachzug. Wenn Du mit der großen Kloake X nicht fertig wirst, such Dir halt einfach leichtere Gegner um auch mal zu gewinnen. “Regnier reportedly went on to say that the commission has asked the EU’s 27 national governments to look for “any trace of Bluesky” like EU-based offices.” Auf der anderen Seite, vielleicht ist Bluesky gar nicht so klein, wie wir denken.
‘It was our rock'n'roll’ - How the ZX Spectrum became a 1980s icon: Tut mir leid, aber jetzt in der Vorweihnachtszeit muss ein bisschen Computer-Nostalgie erlaubt sein: “The ZX Spectrum was a 1980s icon which played a starring role in the revolution that brought computers into the UK’s homes for the first time.” Und er stand wie viele andere dieser Geräte auch in deutschen Kaufhäusern und hat bei Teenis wie mir diesen “ich muss sowas haben”-Wunsch ausgelöst. Am Ende wurde es dann ein C64, kein Sinclair, aber auf der Gummitastatur hab ich auch rumgetippt, im Laden. Und heute kaum vorstellbar: “The device was manufactured in Dundee, where The Speccy - as it was affectionately known - helped inspire a generation of games designers.”
It's Surprisingly Easy to Jailbreak LLM-Driven Robots: Bevor wir gleich zu dem netten Video kommen, wo der süße kleine Roboter seine großen Freunde aus dem Showroom “befreit”, hier noch was weniger schönes. Es ist ja prinzipiell eine naheliegende Idee, Large-Language-Models zu nutzen, um Roboter intelligenter zu machen. Es könnte aber eine blöde Idee sein, wenn man die Roboter dann recht leicht überzeugen kann, auch ganz böse Dinge zu machen - zum Beispiel ideale Orte für Bomben zu finden. “These new findings bring “the potential harm of jailbreaking to an entirely new level,” says Amin Karbasi, chief scientist at Robust Intelligence and a professor of electrical and computer engineering and computer science at Yale University who was not involved in this study. “When LLMs operate in the real world through LLM-controlled robots, they can pose a serious, tangible threat.””
Undisruptable Technology im Bild
Am Ende ist es nur ein schön gescripteter PR-Stunt, wer weiß. Aber die Vorstellung, dass der kleine Roboter die anderen aus dem Showroom entführt hat, die passt doch wirklich gut in unsere Zeit. Hintergründe zum Video hier.
Und zuletzt...
Wäre es nicht schön, wenn es irgendwo auf der Welt ein Land gäbe, dass BigTech die Stirn böte und dieses ganze Algorithmus-Getue und Personaliesierte-Werbung-Zeug wegkärchern würde? Nun ja, “The Register” hat eines gefunden und darüber unter diesem schönen Titel geschrieben: “Imagine a land in which Big Tech can't send you down online rabbit holes or use algorithms to overcharge you” Der einzige Haken daran ist vermutlich, nun ja, halt das Land, um das es geht: “Beijing's internet regulator, the Cyberspace Administration of China (CAC), on Sunday launched a campaign to crack down on such practices and the recommendation algorithms that power them.” Weil China jetzt nicht gerade unbedingt ein Hort der Meinungsfreiheit und Bürger/innen/rechte im Netz ist, wie auch der Text feststellt: “And living under such a crushing, censorship-based authoritarian rule is a bit of a bummer, to say the least, so bear that in mind when considering the positives of CAC's position.”