2023, das Jahr der Besserwisser-KI [Undisruptable Technology - Ausgabe #204]
Guten Morgen,
vielen Dank für das viele nette Feedback zur letzten Ausgabe dieses kleinen Newsletters und dass mir niemand die Verspätung übelgenommen hat. Und ich verspreche, ich werde mich auch noch ein bisschen ums Design kümmern. Gibt es da nicht vielleicht auch eine Künstliche Intelligenz dafür? Wenn nicht, dann kann es nicht mehr lange dauern.
2023 wird das Jahr der Künstlichen Intelligenz. Entweder, weil wir die Technologie in diesem Jahr wirklich in der Breite bewusst erlebbar wird (bisher haben wir ja KI in Tools genutzt, etwa für Übersetzungen, sie aber nicht wie bei ChatGPT, you.com & Co. als Gesprächspartner wahrgenommen) - oder weil nach der ersten Euphorie doch noch Ernüchterung einkehrt, dass die Technologie vielleicht weniger weit ist, als es zunächst scheint. Stichwort: Ein Sprachmodell weiß nichts, sie ist eher der Besserwisser im Haus.
Und so verhält sie sich manchmal auch. Wir haben kürzlich im Büro darüber diskutiert, was das eigentlich für das Thema Nachhaltigkeit bedeutet, wenn sich jetzt eine KI um unsere Web-Suchanfragen kümmert, so rein CO2-mäßig. Jede Suchanfrage kostet Energie und es gibt auch immer Schätzungen, was das in CO2-Ausstoß bedeutet. Wie ist das denn nun, wenn da noch eine KI dazu geschaltet wird? Kann man ja einfach mal ChatGPT fragen. Erste Antwort:
“Eine Antwort von ChatGPT auf eine Nutzerfrage verursacht nur einen sehr geringen CO2-Ausstoß. Der Energieverbrauch und die damit verbundene CO2-Emission sind in der Regel auf die Übertragung der Antwort begrenzt, die normalerweise nur aus wenigen Textzeilen besteht und nur sehr wenig Datenverkehr erzeugt.”
Interessant. Und was bedeutet das jetzt im Vergleich zu einer Google-Suche?
Eine einfache Google-Suche verursacht, wie bereits erwähnt, etwa 0,2 Gramm CO2 pro Suche, was im Vergleich zu anderen Alltagsaktivitäten relativ gering ist. Es ist daher wahrscheinlich, dass ChatGPT aufgrund seiner geringen Größe und des relativ begrenzten Datenverkehrs im Vergleich zu anderen Internetaktivitäten einen ähnlichen oder geringeren CO2-Fußabdruck hat als eine einfache Google-Suche.
Hmmm, Moment mal. Versucht sich ChatGPT da schönzurechnen? Es geht ja nicht nur um die Datenübertragung, sondern auch zum Beispiel der Energiebedarf, so ein riesiges Sprachmodell zu trainieren. Mal nachhaken.
“Ja, das Trainieren eines großen Sprachmodells wie ChatGPT benötigt in der Tat eine erhebliche Menge an Energie und verursacht dementsprechend CO2-Emissionen. Der Energieverbrauch für das Training eines Modells hängt von vielen Faktoren ab, wie der Größe des Modells, der Anzahl der Rechenschritte, der verwendeten Hardware und der Art der Energiequelle, aber es ist bekannt, dass das Training sehr energieintensiv ist.”
Und dann klugscheißt die KI noch hinterher:
“Allerdings bezog sich meine Antwort auf die CO2-Emissionen, die durch eine einzelne ChatGPT-Antwort auf eine Nutzerfrage entstehen.”
Damit lasse ich mich jetzt aber nicht abspeisen und frage noch zweimal nach, bis ich final frage, um welchen Faktor denn jetzt so eine ChatGPT-Antwort mehr Energie verbraucht als eine Google-Suche:
“Allerdings kann man grob schätzen, dass der Energieverbrauch einer Anfrage an ChatGPT im Vergleich zu einer einfachen Google-Suchanfrage um den Faktor mehrere hundert bis tausend höher ist. Das liegt daran, dass das Training von Sprachmodellen wie ChatGPT sehr energieintensiv ist und erhebliche Mengen an Strom verbraucht. Im Gegensatz dazu ist eine einfache Google-Suche eher energiearm und verursacht nur einen geringen CO2-Ausstoß von etwa 0,2 Gramm CO2 pro Suche.”
Ob das jetzt stimmt, kann ich am Ende nicht beurteilen. Aber es zeigt sehr schön, dass eine Künstliche Intelligenz (zumindest aktuell) ein schönes Tool sein kann, das einen bei der eigenen Arbeit unterstützt - wenn man die richtigen Fragen stellt. Ein bisschen so wie beim gemeinsamen Brainstormen im Büro.
Viel Spaß mit dieser Ausgabe von ” Undisruptable Technology, bis nächste Woche,
Andreas Streim
Ten news that fit to send
-
How AI will change the way we search, for better or worse: Wie wird sich unser Surf-Verhalten eigentlich verändern, wenn wir nichts mehr im Netz suchen müssen, sondern die Antworten gleich von der KI bekommen? “In many ways, what Google and Bing are offering by interposing their services in front of the wider internet — much as AOL did with the America Online service in the ‘90s — is a logical conclusion to the challenges facing today’s internet users.”
-
The ChatGPT-fueled battle for search is bigger than Microsoft or Google: Die “MIT Technology Review” hat sich mal die Player jenseits von OpenAI und Google angeschaut, die rund um das Thema KI & Internetsuche aktiv sind, zum Beispiel You.com.
-
Help, Bing Won’t Stop Declaring Its Love for Me: Ein Journalist der “New York Times” hat die KI-unterstützte neue Bing-Suche ausprobiert - mit ziemlich schrägen Dialogen. So hat die KI ihm erklärt, dass sie ihn liebt. Und zwar sehr überzeugend und ausdauernd.
-
‘It’s Hurting Like Hell’: AI Companion Users Are In Crisis, Reporting Sudden Sexual Rejection: Wo wir bei KI & Liebe sind… Replika war schon eine Weile vor ChatGPT eine KI, mit der sich Menschen mit einer App auf ihrem Smartphone unterhalten und auch anfreunden konnten. Dabei war das System durchaus darauf ausgelegt, mehr als nur “gute Freunde” aus Algorithmus und Mensch werden zu lassen. Aber was passiert, wenn am Modell geschraubt wird und plötzlich das Gegenüber prüde und abweisend wird?
-
Apple’s mixed reality headset will reportedly debut at WWDC: Schon gemerkt, alle reden über Microsoft, Google, OpenAI - aber niemand über Apple. Was machen die eigentlich? Erstmal den Launch ihres Mixed Reality Headsets verschieben. Das aber bald vorgestellt werden soll. Vielleicht wird 2023 nicht nur das KI-Jahr, sondern auch das AR-Jahr?
-
The people who kill the truth: Es war vielleicht die Geschichte der Woche, über eine israelische Firma, die von sich behauptet, Dutzende Wahlen manipuliert zu haben. “Haaretz” hat die Story - und auch wirklich schön aufbereitet. Auch ein Best Practice für digitalen Journalismus.
-
Elon Musk’s New Twitter Superpower Is Dangerous: Man kann sich ja über das Ego von Elon Musk lustig machen, der auch mal Entwickler feuert die ihm erklären, dass nicht ein Fehler im Code vorliegt, sondern sich weniger Leute für ihn interessiert. Oder man schaut sich das genauer an und fragt sich, ob es nicht gefährlich ist, wenn ein solcher Mensch über ein Massenmedium verfügt. Oder entscheiden kann, was das ukrainische Militär mit dem Internet machen darf, weil sie halt auf sein Starlink angewiesen sind.
-
Is the ‘exodus’ over? Here’s how Twitter alternatives have fared since Elon Musk’s acquisition: “Techcrunch” hat sich mal angeschaut, wie sich denn welche Twitter-“Alternativen” geschlagen haben, seitdem Musk am Ruder ist. “If anything, the biggest boost to the wider ecosystem hinges on new user awareness of the Fediverse and Mastodon, even if the app hasn’t transformed into a dominant force. Fediverse growth could ultimately be a trend that plays out over a longer period of time than just a few months post-Twitter acquisition, as more apps join the decentralization movement.”
-
AWS puts datacenter in shipping container for the Pentagon: Eigentlich ja eine ziemlich logische Entwicklung. Wenn Waffensysteme immer digitaler werden und wir in der Ukraine sehen, wie eine 500-Euro-Drohnen einen Millionen-Panzer außer Gefecht setzt, dann muss die Rechenleistung auch an die Front kommen. Zum Beispiel mit mobilen Rechenzentren.
-
IKEA’s new smart sensor could be the key to making your home healthier: Ikea erweitert sein Sortiment von Selbstbau-Holzmöbeln ja immer mehr um digitale Gadgets. Jetzt kommt ein Sensor für die Luftqualität im eigenen Zuhause dazu. Aber immerhin ist der Name Ikea-Like: Vindstryka.
Undisruptable Technology im Bild
Also wenn Du als kirchliche Einrichtung ein W-Lan einrichten musst, gibt es dann ein besseres Passwort?
Und zuletzt…
In so einem Smartphone stecken ja eine Menge Sensoren. Geschwindigkeit, Neigung pi pa po. Was wäre denn, wenn man die benutzen würden, um Dinge in der Welt da draußen zu messen? Und genau dafür gibt es mit Phyphox eine Software. Ich muss die dringend mal mit meinen Kindern ausprobieren, sowas hätte ich früher gerne für den Physik-Unterricht gehabt.