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Party people,
ich mag Manner-Schnitten. Als sich vor einer gefühlten Ewigkeit abgezeichnet hatte, dass die kommende Zeit größtenteils zu Hause stattfinden wird, habe ich nicht Klopapier gehamstert, sondern mir einen Doppelpack der extragroßen Geschenkpackungen gekauft. Lecker!
Das ist nun fast auf den Tag genau vier Monate her – und wer mich kennt, weiß natürlich, dass ich demnach seit über drei Monaten keine Manner-Schnitten mehr hatte. Dieser untragbare Zustand hat sich kürzlich geändert! Aber die Geschichte, die ich euch heute erzählen möchte, beginnt schon etwas früher.
Es ist Dienstag nachmittag, und ich bekomme eine SMS – von FedEx. Meine Lieferung kommt am Donnerstag, und unter der mitgesandten URL könne ich die Zustelloptionen ändern. Komisch, schließlich habe ich gar nichts bestellt. Nicht nur nicht mit FedEx, einfach generell gar nichts. In einer SMS kann man auch die URL nicht fälschen, und die URL war eindeutig korrekt und das echte FedEx-Tracking. Und hinter dem Link hat sich, nach Bestätigung mit meiner Postleitzahl, auch meine echte Anschrift bei der Sendung offenbart. Offenbar wirklich ein Paket. Im Absenderfeld stand nur "Consus Handels Gmbh" – nie gehört. Mit ein wenig Recherche findet sich im Netz allerdings dann der Austrian Supermarket, wo im Impressum eben jene GmbH genannt ist. Ein Online-Supermarkt aus Österreich, mit Sitz in Wien. Schon beim ersten Besuch auf der Website ist mir schnell ins Auge gestochen, dass dort Manner-Schnitten prominent als Produkt beworben werden. Ich kenne auch eine Handvoll Leute in der Gegend, aber niemand der mir aus dem Blauen heraus einfach ein Geschenk schicken würde. Also mit einer gesunden Skepsis weiter auf die Suche gemacht: Mal den Geschäftsführer googlen, vielleicht ein bekannter Name? Der ganze Austrian Supermarket vielleicht nur eine Tarn-Website für irgendeine mir noch nicht bekannte Abzock-Masche? Auch hier keine nennenswerten Erkenntnisse. Seltsam.
Meine mit Abstand stärkste Verbindung zu Österreich ist Landsmann Philipp, mit dem zusammen ich u.a. wie neulich schon erwähnt Annoying Technology betreibe und quasi täglich im Kontakt bin. Vielleicht irgendein Witz seinerseits, der nun durch die Paket-Vorankündigung per SMS zu früh bei mir am Horizont war? Wie dem auch sei, die unklare Sachlage war so oder so ein perfektes Thema, über das wir uns zusammen das Maul zerreißen könnten – also schnell einen Screenshot der SMS gemacht, um die Konversation zu starten.
Unsere initialen Nachrichten über die mysteriöse FedEx-Lieferung.
Eine zweite mysteriöse FedEx-Sendung! Das ändert natürlich alles – und hat ganz neue Theorien eröffnet. Wir hatten beide noch nie zuvor eine Sendung per FedEx erhalten, aber als intensiver Konsument amerikanischer Film- und Fernsehkultur bin ich bestens damit vertraut, dass FedEx nicht nur Pakete ausliefert, sondern gerne auch mal für Express-Zustellung von rechtlichen Dokumenten benutzt wird – you've been served! Kommt da etwa eine Abmahnung, weil sich jemand von unserem Gemecker auf den Schlips getreten fühlt? Völlig absurder Gedanke, aber jetzt war unser innerer Sherlock geweckt und keine Theorie zu abwegig, um sie nicht zumindest kurzzeitig zu berücksichtigen.
Zusätzlich seltsam: Meine Anschrift ist frei im Internet verfügbar, Dank der deutschen Impressumspflicht. Philipps Adresse hingegen steht nirgends im Internet. Aber auch bei ihm war sie hinter dem Tracking-Link einsehbar. Allerdings mit einem Tippfehler – "strabe" statt "straße", also ein Fehler der typischerweise per OCR entstehen könnte. Vielleicht eine Abmahnkanzlei, die automatisch Abmahnungen verschickt und dabei die Adressdaten aus den Unterlagen vom Gericht per Scanner erfasst – auf diesem Weg käme man nämlich auch an Philipps Anschrift.
Doch auch in meiner Adresse war ein Tippfehler – den Bramerhof schreibt man nicht Brahmerhof, und dieser Fehler ist nicht unbedingt OCR-typisch. Und überhaupt, wieso sollte eine Abmahnkanzlei von zwei unterschiedlichen Absendern aus versenden. Bei Philipp war es nämlich kein Supermarkt, sondern ein Online-Shop für Leute, die es spannend finden, wenn Autos im Kreis fahren. Das hat wiederum die "Es sind echte Geschenke"-Theorie wahrscheinlicher wirken lassen, da es in beiden Shops jeweils zum Geschmack passende Artikel gab. Aber wer schenkt uns etwas? Speziell uns beiden? Unsere öffentlich bekannte, hauptsächliche Verbindung ist Annoying Technology, und das ist zwar eines der besten Blogs im Internet, aber… anonyme Geschenke? Und woher sollte jemand Philipps Adresse haben?
Als ich am Abend – mittlerweile waren viele Stunden vergangen, auch mein Bruder und einige Kollegen von uns waren zwischenzeitlich voll in die Suche nach Antworten eingestiegen – nochmal speziell über diese letzte Frage nachgedacht habe, ist mir ein weiteres Detail bewusst geworden: Meine Anschrift steht zwar im Internet, meine Handynummer allerdings nicht.
Langsam wurde es unheimlich – woher haben die Absender unsere Daten?
Um den Text nicht noch länger zu machen, kürze ich die darauffolgenden eineinhalb Tage ab, denn das Thema hat uns bis zum Eintreffen der Lieferungen nicht losgelassen und es kam noch zu allerlei Spekulationen. Von Anthrax bis zu Drosten-Paketen war alles dabei – natürlich auch bei beiden immer der leise Verdacht im Hinterkopf, ob es sich letztlich doch nur um einen Streich des Anderen handelt.
Ein nicht ganz unwichtiges Detail: Philipp hatte vergangene Woche Geburtstag. Das Paket war schlichtweg ein Geburtstagsgeschenk seiner Freundin, was die Frage klärt, wieso seine Anschrift bekannt war. Allerdings habe ich weder Geburtstag noch Freundin, die beiden Pakete stehen in keinerlei Zusammenhang – es war also einfach nur ein völlig absurder Zufall, dass wir beide im Zeitraum von weniger als 15 Minuten eine SMS-Vorankündigung für eine unerwartete FedEx-Lieferung erhalten haben. Die Auflösung bei Philipp war etwa zwei Stunden bevor dann auch mein Paket ankam – und hier schließt sich endlich der Kreis zum Beginn dieser Ausgabe. Wie zuallererst schon kurzzeitig vermutet, waren Manner-Schnitten im Paket. Aber: Nur Manner-Schnitten. Keine Karte, keine Widmung, keine weiteren Indizien zum Absender.
In Konsequenz habe ich dann einen Haufen Freunde, Bekannte und Kollegen gefragt, ob sie mir Manner-Schnitten bestellt haben – "gestanden" hat dabei zwar niemand, aber die daraus resultierenden Gespräche waren immer äußerst erheiternd. Die Auflösung kam erst gestern Abend bei einem gemeinsamen Abendessen – und hier schließt sich ein weiterer Kreis, denn sie sind ein Dankeschön dafür, dass ich vor einigen Monaten eine Masterarbeit korrekturgelesen habe. Das hatte ich in der dritten Ausgabe schon kurz erwähnt, dort könnt ihr auch das Thema der Arbeit nachsehen. 😉
Ganz klar ist aber eins: Das wahre Geschenk sind nicht die Manner-Schnitten, sondern diese ganze Geschichte. Voll schön!
Die Manner-Schnitten, die FedEx mir letzte Woche zugestellt hat. Tausend Dank zurück!
Blog-Beiträge
How to Be an Antiracist
Schon seit letztem Jahr auf meinem virtuellen Bücherstapel, und nach den Ereignissen Anfang Juni aktueller denn je. Ein exzellentes Buch für alle, die keine Rassisten sein möchten – es hilft dabei, viele der relevanten Zusammenhänge und Hintergründe besser zu verstehen.
Und es lässt sich nicht oft genug wiederholen: Das Thema ist zwar nicht mehr so präsent in den Medien, aber das liegt nicht daran, dass die Probleme gelöst wären. Und es ist ein Thema, das uns in Deutschland auch ganz direkt betrifft – hier z.B. eine aktuelle Sammlung von über einem Dutzend "bedauerlicher Einzelfälle".
Der Rest
Nach drei Staffeln ist Dark zu Ende, und auch der Abschluss war unterhaltsam – wenn auch das Niveau der ersten Staffel für mich nicht mehr erreicht wurde. Wer auf Stephen King steht, kann sich mal The Outsider vornehmen – mein Ding war es leider nicht so ganz, da ich mir anhand des Trailers einen "bodenständigeren" Krimi erwartet hatte.
Die beiden Manner-Geschenkpackungen, die ich mir im März selbst bestellt hatte. Man beachte den Aufdruck: "WIEN". Dieselbe Stadt, in der ein gewisser Online-Supermarkt seinen Sitz hat!
Einen Musik-Tipp hab ich diesmal nicht als positiven Rausschmeißer, aber kürzlich bin ich über diese Outtakes von Between Two Ferns gestolpert und das ist das Witzigste, das ich seit langer Zeit gesehen habe. Falls ihr Between Two Ferns generell noch nicht kennen solltet, holt das unbedingt direkt nach – kurz und knackig, und unglaublich gut.