März-Ausgabe 2022
Willkommen zur März-Ausgabe des Vreundschaftsbriefs!
CRUNCH
SCHILDMAID - DAS LIED DER SKALDIN ist im Piper Verlag erschienen - wir haben im letzten Newsletter versprochen, dass wir all die hoffentlich unterhaltsamen Dinge rund um “Schildmaid” in dieser Ausgabe zusammenfassen - ihr findet das alles weiter unten unter “Fluff”. Wir haben uns sehr über die großartigen, zum Beispiel mit Äxten dekorierten Buch-plus-Goodie-Fotos gefreut und über die ersten Rückmeldungen, Rezensionen und Zitat-Twitter-Threads. Vielen, vielen Dank für eure Unterstützung! (Das eBook kostet übrigens nach wie vor freundliche 3,99 €!)
ANARCHIE DÉCO ist für den Phantastikpreis Seraph und für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert! Der Seraph wird am 19. März verliehen, und wenn ihr mögt, könnt ihr uns noch die Daumen drücken. Es sind viele tolle Leute nominiert, u.a. James Sullivan, Nora Bendzko, Patricia Eckermann, Eleanor Bardilac und Sarah Raich, deren Bücher wir in den vergangenen Monaten in den Vavoriten oder im Podcast empfohlen haben!
Die Vögte wurden im WDR porträtiert, der Link ist vielleicht nur noch heute in der Mediathek!
Von Lena ist frisch vor wenigen Tagen eine neue Kurzgeschichte erschienen, nämlich in der Anthologie Hic Sunt Dracones, herausgegeben von Roxane Bicker und Sarah Malhus, in der ihr auch noch 32 weitere Geschichten rund um Landkarten, Drachen und phantastische Reiseberichte findet. In Lenas Geschichte Wandel gibt es zwar keine Drachen, aber eine verschwundene Karte, Magie und die Suche nach einer neuen Heimat.
Im Genderswapped Podcast gibt es in diesem Monat Judiths großen Wikinger-Rant, denn der war nach all der Schildmaid-Recherche mal fällig! Außerdem haben Lena und Judith in einer Podcast-Sonderfolge mit verteilten Rollen aus Schildmaid gelesen.
Im Audio-Extra für Patreon redet Judith über ihre Idee zu einem Schildmaid-inspirierten Belonging-outside-Belonging-Rollenspiel, bei dem auch Christian und Harald schon mit Ideen an Bord sind. Nur an Zeit mangelt es noch.
Im März gab es die Briefkurzgeschichte “Ministerium für das Alter” auf dem Patreon: Roshan Aebi schreibt einen Beschwerdebrief ans Ministerium, um nicht als Mensch über 55 ins Private aussortiert zu werden.
Termine
Online:
18.03. 19 Uhr: 20 Jahre Piper Fantasy Lesenacht: Die zur Leipziger Buchmesse geplante Lesenacht, auf der die Vögte aus „Schildmaid“ lesen und Laura Labas aus “Lady of the Wicked”, findet nun online statt. Die gute Nachricht ist aber: Dafür müsst ihr nicht nach Leipzig, der Eintritt ist frei, den Zoom-Link findet ihr bei einem Klick aufs Bild:
Offline:
09.04. 14 Uhr: Lesung bei Das Buch in Eilendorf: Christian und Judith lesen in der Buchhandlung um die Ecke aus “Schildmaid”! Eintritt: 5 €, es gibt Schwerter und Met, denn so ein paar Wikingerklischees muss man ja doch bedienen.
FLUFF
Ein paar Gedanken zum feministischen Kampftag
Judith:
Vor zwei Jahren, ganz kurz vor der ersten Kontaktbeschränkung habe ich zum ersten Mal an einem feministischen Workshopnachmittag von VHS und Gleichstellungsbüro hier in Aachen teilgenommen und über feministische Science-Fiction gesprochen. Das war eine etwas angsteinflößende, aber positive Erfahrung. Durch die Pandemie war es dann für lange Zeit mein erster und letzter Ausflug in feministische Offline-Kontexte. Im Wahlkampf 2021 habe ich angefangen, mich bei den Grünen zu engagieren (ohne Parteimitglied zu sein, denn da halte ich es doch mit Anarchie-Déco-Isolde und werde erst irgendwie Mitglied, wenn et Räte zu wählen jibt - tatsächlich organisiere ich seit Dezember die Frauen und Gender AG der Grünen in Aachen, scary I know!) und bin dadurch in den letzten Monaten wieder mehr in Offline-Kontexten unterwegs gewesen (auch, wenn die ironischerweise dann wegen der Inzidenzen als Zoom-Meeting stattgefunden haben. Auch bei der Veranstaltung von VHS und GSB war ich wieder dabei. Die Veranstaltung trug - im Versuch, inklusiv zu sein - Frauen*Tag im Titel.
Warum das eigentlich gar nicht inklusiv ist, erklärt Hengameh Yaghoobifarah im Missy Magazine - und ich möchte dennoch eine Lanze brechen für Messy Learning am feministischen Kampftag aka Internationalen Weltfrauentag. Ich weiß, dass es jedes Jahr auf Twitter die Debatte gibt, ob nichtbinäre, inter und trans Menschen am “Weltfrauentag” mitgemeint sind, und dass cis Feministinnen und TERFs immer wieder behaupten, dass nicht - nichtbinäre Menschen hätten ja zum Beispiel ihren eigenen Tag (den niemand kennt).
Nichtbinäre Menschen am feministischen Kampftag auszuschließen ist Bullshit. Es geht und ging an diesem Tag immer schon um Solidarität, es haben immer schon Menschen mitprotestiert, die sich mit heutigem Vokabular anders bezeichnen würden oder mit vergangenem Vokabular bereits anderes bezeichnet haben, und er gehört allen Menschen, die von patriarchaler Gewalt betroffen sind. Es gibt eine gute Nachricht: Eigentlich wissen die meisten das auch und wissen nur nicht, wie sie es ausdrücken sollen, weshalb sie auf “Frauen*” zurückgreifen. Das ist häufiger Hilflosigkeit als Böswilligkeit. Statt Räume direkt aufzugeben, weil Organisator*innen uninformiert ein Sternchen an Frauen geklatscht haben, können wir dort selbst Raum einnehmen und darauf hinweisen - natürlich immer nur, wenn wir uns sicher und nicht bedroht fühlen. In den letzten Monaten habe ich die Erfahrung gemacht, dass viele Feministinnen, gerade in der älteren Generation, in biologischen Mann-Frau-Kategorien denken, aber dabei nicht “automatisch” transfeindlich sind. Ja, es ist Aufklärungsarbeit, das aufzubrechen - und es ist gerade für trans und nichtbinäre Menschen mit Nervosität und Angst verbunden, das anzusprechen und sich damit ja auch angreifbar zu machen (ein Grund, warum auch cis Frauen unbedingt bei dieser Art Aufklärungsarbeit mithelfen müssen!). Ich habe in diesem Jahr gerade in diesem Frauen-Sternchen-Space mit Nina vom Queerreferat der Aachener Hochschulen zusammen einen Workshop zu trans und nichtbinären Perspektiven im Feminismus gehalten, der Workshop war gut besucht, und es gab nur positive Rückmeldungen dazu und die Wünsche, dass wir den Vortrag an anderen Stellen wiederholen. In der Abschlussrunde der ganzen Veranstaltung habe ich noch mal allen Mut zusammengenommen und auf das Sternchen hingewiesen, und die Orga hat sich bedankt und wird diese Anregung mit ins nächste Jahr nehmen - mit welchem Ergebnis? Das weiß ich noch nicht. Aber auf dieser Veranstaltung haben jetzt ein paar Dutzend cis Frauen gehört, was TERFs sind, warum trans und nichtbinäre Menschen ebenfalls von Misogynie betroffen sind und dass das Patriarchat nicht zerschlagen werden kann, ohne auch binäre biologistische Kategorien zu zerschlagen. Ich war vor den TERFs da und hatte Argumente dabei. Wir können nicht alle Räume aufgeben, nur weil sie in unserem Spezialgebiet noch nicht auf unserem Kenntnisstand sind - Messy Learning muss sich auch auf Feminismus erstrecken!
Lena:
Dem kann ich mich nur anschließen. Und wie dringend wir diese Räume brauchen! Gerade jetzt, wo durch den Krieg in der Ukraine plötzlich eine Stimmung herrscht, als hätten wir uns 100 Jahre in der Zeit vertan. Wo Wehr- und Dienstpflicht diskutiert wird, wo flüchtende Menschen binär sortiert werden - Frauen und Kinder über die Grenze, alle mit “männlich” im Pass an die Front. Wo beinahe fieberhaft über Aufrüstung gesprochen wird und die Themen Klimawandel, Patriarchat und Selbstbestimmung nun endlich einmal beiseite gewischt werden können: Wir haben Krieg, ihr verträumten Queerfeminist*innen! Da seht ihr mal, wie unwichtig eure Forderungen sind. Als hätte man nicht an der misogynen, queer- und transfeindlichen Politik in Russland schon vor Jahren absehen können, wie Putin, von dem wir jetzt alle ganz doll überrascht sind, drauf ist. Als wäre der Umgang mit marginalisierten und andersdenkenden Menschen im eigenen Land nicht eine Warnung, wie auch außenpolitisch gedacht und agiert wird. Als Lesetipp dazu ein Interview von Theresa Bücker mit Kristina Lunz zu feministischer Außenpolitik. Ein kurzes Zitat:
“Es ist wahnsinnig unaufrichtig, dass nun ausgerechnet Feminist_innen, die seit vielen Jahren an der Transformation des Systems arbeiten, eben weil sie die Gefahr von Zentrierung von Macht und gewaltvollen Strukturen begreifen, vorgeworfen wird, sie hätten keine Ahnung von Macht. Macht ist die Grundlage unserer Analyse. Es ist unaufrichtig, ihnen vorzuwerfen, die Ansätze der Abrüstung, Deeskalation und Diplomatie würden nichts bringen, weil wir ja gerade die Konsequenz eines Systems sehen, das Gewalt begünstigt und auf patriarchalem Denken basiert.”
Es braucht also, auch jetzt, gerade jetzt, weiterhin intersektionale queerfeministische Kämpfe.
Schildmaid-Brimborium
Rund um den Erscheinungstermin von “Schildmaid” gabs wieder einiges für euch zum Anschauen, Tun und Mitmachen, wenn ihr Lust habt!
Zum Beispiel könnt ihr euch testen: Welche Schildmaid bist du?
Für TOR Online haben wir einen Essay zu Historischer Fantasy geschrieben, inklusive Saga-Zitaten, die genauso gut aus Bruce-Willis-Actionfilmen stammen könnten.
Es gibt wieder eine Spotify-Playlist!
Ein ganz kurzes Blick-ins-Buch-Video!
Einen VOGTalk zum Thema Monster!
Unsere Phantastik-Soirée mit James A. Sullivan zum Nachholen!
Und eine anderthalb Minuten tiktok-Mini-Lesung mit Stickerei-Thema, feat. Hannah Möllmanns fantastisches Crossstitch-Artwork!
Der Nerdige und Niveauvolle Trashtalk, der Hochleveln-Podcast und der SuchVerlaufen-Podcast hatten die Vögte zu Gast.
Es gab schon die ersten schönen Rezensionen und auch eine besonders boshafte Troll-Aktion von unserem offenbar persönlichen Troll Michael, der unsere Bücher nachweisbarerweise nicht gelesen hat (es gibt Amazon-only eBooks, die er nicht gekauft, aber rezensiert hat). Er gibt immer ganz enttäuscht 1 Stern und legt in seinen Rezension vor allen Dingen dar, warum er uns für den Begriff “progressive Phantastik” so richtig nicht leiden kann. Normalerweise ärgere ich mich nicht weiter darüber, diesmal war er aber besonders perfide und hat das Buch direkt zum Start und auf allen möglichen Portalen bewertet, sodass er zur Zeit auf vielen Portalen der einzige Rezensent ist. Das sticht natürlich schon sehr, aber die vielen lieben und wertschätzenden Nachrichten, die auf diese Troll-Aktion folgten, haben es mehr als wettgemacht.
Vavoriten
Judith empfiehlt:
Helfen und für immer genug Rollenspiele zum Ausprobieren haben? Aber sicher: Auf itch gibt es gerade ein Bundle für Nothilfe in der Ukraine und eines, dessen Erlös an zwei Organisationen geht, die sich für Transrechte in Texas einsetzen.
Außerdem bin ich nicht nur Schildmaid, sondern auch Schwertlesbe und habe zum ersten Mal ein Crowdfunding über eine Fundinggrenze geschubst, nämlich Charmante Schwertlesben. Solltet auch ihr ein Erzählrollenspiel von queeren Creators und Übersetzer*innen unterstützen wollen, geht es hier entlang.
Schon vor einiger Zeit habe ich den zweiten und abschließenden Teil der Chroniken von Beskadur, Das Orakel in der Fremde, von James A. Sullivan gelesen. Ich war Testleser*in, so wie James Testleser von “Schildmaid” war, und während wir “Schildmaid” James und seiner Frau Heike gewidmet haben, hat er uns das “Orakel” gewidmet (ohne, dass wir das abgesprochen hätten, NEIN, noch kitschiger können wir nicht werden, I love it!). Und jetzt würde ich total gern ein paar Worte zum “Orakel” verlieren, aber es ist wirklich schwierig, dabei das Ende von Band 1 nicht zu spoilern. Lasst es mich so sagen: Zeit ist vergangen, als Ardoas wieder zu der Gemeinschaft stößt, die er mit gegründet hat. Eine Kinder- und sogar eine Enkelgeneration hat sich an der heiligen Stätte geformt, die er vor drei Jahrzehnten verlassen musste, und seine Liebsten, Jerudana und Daludred, haben sich als Menschen auf andere Weise verändert als Ardoas als Elf. Er muss in diese Gemeinschaft hineinfinden, zudem warten im ersten Anlauf gescheiterte Träume und offene Rechnungen darauf, dass sich Ardoas an sein erstes Leben als Elfenmagierin Naromee erinnert ...
Alles, was ich zum afrofantastischen Weltenbau in meiner Rezension zum ersten Band schrieb, gilt auch hier: Die Grundfesten dieser Fantasywelt sind andere als die, die wir aus anderen High-Fantasy-Werken kennen, und das ist ganz großartig zu lesen.
Die Beskadur-Dilogie ist eines der Beispiele, wie moderne Phantastik aussehen kann - Ardoas und seine Gemeinschaft sehen nach vorn, streben nach nichts Geringerem als Transformation und ziehen dabei Kraft und Erkenntnis aus der Erinnerung und Generationen von Vorfahr*innen. Diese Geschichte wird noch lange bei mir bleiben.
Christian empfiehlt:
Horizon Forbidden West. Das Spiel sieht nicht nur wunderschön aus (und endlich gibt es Mammuts!), es führt die Geschichte des ersten Teils auch konsequent, mitreißend und aktuell fort. Schön ist nicht nur die Diversität der NSCs, sondern auch die Tatsache, dass sie alle nicht aussehen wie die üblichen Hochglanzfiguren, die wir aus Videospielen gewöhnt sind, sondern wie gewöhnliche Menschen … aber gekleidet in stylische Robodino-Rüstungen.
Minor Spoiler: Wohlmeinende KIs, aber bösartige Milliardär*innen im Weltall - äußert passend in dieser Zeit.
Außerdem empfehle ich David Mogo Godhunter von Suyi Davies Okungbowa. Der Urban-Fantasy Roman beschäftigt sich mit Lagos und der Götterwelt der Völker in Nigeria und funktioniert nach Harry-Dresden-Manier.
Wenn ihr Judiths Empfehlung zu Ardoas nach Beskadur folgen, aber es lieber auf die Ohren haben wollt: das Hörbuch ist auch sehr gut gelesen und der Inhalt genauso wunderbar!
Lena empfiehlt:
Ich habe kürzlich das bei Nautilus erschienene Buch Entstellt von Amanda Leduc (Originaltitel: Disfigured; übersetzt von Josefine Haubold unter Beratung von Tanja Kollodzieyski) gelesen - das mir übrigens Judith geschenkt hat, vielen Dank! Es ist ein Sachbuch über Ableismus, Märchen und die Darstellung von Menschen mit Behinderungen in unseren Geschichten. Die Autorin lebt selbst mit einer Behinderung und psychischen Erkrankungen. In das Buch hat sie ihre eigene Lebensgeschichte ebenso einfließen lassen wie eine gründliche Recherche zur Entwicklung von Märchen, bei der ich jede Menge gelernt habe und die Lust macht, gleich noch mehrere der zitierten Quellen auch zu lesen. Leduc dröselt sehr gut und verständlich auf, dass es in den Märchen, mit denen wir aufwachsen, für behinderte Menschen nur die Wunderheilung oder das elende Dahinsiechen gibt, und wie sehr ableistische Gedanken durch “weil die behinderte Person so herzensgut war, wurde sie geheilt” durch diese Geschichten befeuert werden. Das Buch macht aber nicht Halt bei klassischen Märchen, sondern schaut sich auch Disney-Prinzessinnen, Game of Thrones und Superheld*innen-Filme an. (Immerhin: Obwohl “Entstellt” erst 2020 erschienen ist, sind manche der Aussagen tollerweise schon überholt, da in den letzten zwei Jahren doch zumindest einige wenige Figuren mit Behinderungen z. B. Einzug ins Marvel-Kinouniversum erhalten haben). Leduc plädiert überzeugend dafür, dass wir Geschichten brauchen, in denen behinderte Menschen einfach existieren dürfen, ohne Wunderheilung oder Tragik, ohne ihr berechtigtes Dasein irgendwem beweisen zu müssen. Große Empfehlung.
Und damit endet unser Vreundschaftsbrief für März 2022. Danke fürs Abonnieren und Lesen und bis zum nächsten Monat!
Judith, Christian und Lena