April-Ausgabe 2024
Herzlich Willkommen zur April-Ausgabe des Vreundschaftsbriefs!
CRUNCH
Schildmaid - Das Lied der Skaldin erhält den Inklings-Preis für Kreatives! Der Preis zur Förderung und Vermehrung der Phantastik und ihrer Erforschung wird am 4.5. zum ersten Mal seit 40 Jahren wieder verliehen und wir freuen uns sehr, dass “Schildmaid” die Jury von sich überzeugen konnte!
Einige kennen Christians Novelle Mutterentität schon als Ebook, sie erscheint Mitte April jetzt auch als gedrucktes Buch in überarbeiteter Fassung beim Verlag ohneohren.
Hier gibt es weitere Infos und die Möglichkeit zur Vorbestellung!
Ebenfalls vorbestellbar: Die 12. Ausgabe der Queer*Welten! Ihr könnt sie jetzt im Verlagsshop als Print vorbestellen, das Ebook folgt später. In Ausgabe 12 erwarten euch vier Kurzgeschichten, ein Gedicht, ein Sachtext sowie ein satirischer Essay, außerdem 18 Mikro-Texte aus unserer Sonderausschreibung “Queere Questen”.
Außerdem ist Queer*Welten gerade dreifach für den Kurd-Laßwitz-Preis nominiert! Die Kurzgeschichten Grüne Herzen von Charline Winter (Ausgabe 11) und No Filter von Melanie Vogltanz (Ausgabe 10) sind beide als beste Kurzgeschichte des Jahres 2023 nominiert - herzlichen Glückwunsch an Melanie und Charline, wir drücken Daumen! Außerdem ist Queer*Welten selbst, bzw. die Arbeit der Redaktion, in der neuen Kategorie “Sonderpreis: kritisch, engagiert, intersektional” nominiert.
Und wir bleiben beim KLP: Auch Lenas Novelle Dies ist mein letztes Lied ist aktuell in der Kategorie “Bester Roman” nominiert. Die Abstimmung geht noch bis Ende Mai, im Juni werden die Ergebnisse bekannt gegeben. Solltet ihr stimmberechtigt sein, könntet ihr also, wenn ihr wollt, eure Stimme für die Novelle in den Hut werfen. Auf jeden Fall schon einmal vielen Dank an alle, die sie nominiert haben!
Alle Nominierten des Preises findet ihr hier auf der Website.
Last Call for Goodie-Pakete! Ihr möchtet “Ich, Hannibal” zusammen mit VögTee genießen? Dann bleibt euch noch genau dieser Monat, um auf Etsy das Goodie-Paket (mit Karte, römischen Rezepten, Tee, nettem Krimskrams und natürlich signiertem Buch) zu bestellen. Diesmal arbeiten wir mit der Buchhandlung “Das Buch in Eilendorf” zusammen, und damit alles pünktlich ankommt, gibt der freundliche Buchhändler Marcel in diesem Monat die Vorbestellung auf.
Passend dazu haben wir in diesem Monat im Genderswapped-Podcast einen Lesungsausflug zu Hannibal und zu Lenas experimenteller Anti-Heldenreise “Vom Ende zum Anfang” aus der Anthologie “Am Saum der Welten” eingelegt!
Auch im Audio-Extra bleiben wir bei “Ich, Hannibal”, und lesen ein Wiedersehen zwischen Monsterjägerin Tamenzut und ihrer Ex Amani - und unterhalten uns über die Verwandtschaftsverhältnisse von Medusa mit anderen antiken “Ungeheuern”.
Auf Patreon folgen wir einem Setting-Kaninchen in die Vorzeit der Die-13-Gezeichneten-Welt zu einer Kurzgeschichte, die von der Ausgrabung Çatalhöyük in der heutigen Türkei inspiriert ist. Und an alle, die uns nicht, noch nicht oder nicht mehr auf Patreon unterstützen: Zum Start von “Mutter-Entität” wird die Geschichte frei verfügbar sein!
Auf TOR Online gibts zu guter Letzt einen Rückblick auf Judiths Irland-Vortragsreise!
Termine
26.4.24 - 18 Uhr: Christian stellt seine Novelle Mutterentität auf dem Discord-Server des Verlags ohneohren vor
29.4.24 - 19 Uhr: Judith hält mit Nina vom Queerreferat und Eva vom Frauennetzwerk in der VHS einen Vortrag zu Frauenrollen in rechten Bewegungen. Mehr Informationen gibts im Laufe des Monats auf Social Media!
4.5.24: Verleihung vom Inklings-Preis auf dem Inklings-Symposium mit Kurzlesung aus “Schildmaid” auf Schloss Malberg
FLUFF
The 3 Physics Problems – Ein Killjoy Kommentar von Christian
Ausnahmsweise gibt es hier um Fluffteil harten Physikcontent! Aber keine Sorge, natürlich orientiert er sich an einer prominenten Erzählwelt: der Trisolaris-Trilogie von Cixin Liu und der aktuell gestarteten Netflix-Serie. Die Ideen zu physikalischen Phänomenen in “The 3 Body Problem” sind innovativ und sehr akkurat; so akkurat, dass es sich lohnt, einen Blick darauf zu werfen, was tatsächlich unmöglich oder zumindest extrem unwahrscheinlich ist. Lassen Sie mich durch, ich bin Physiker.
(Mild Spoilers für “The 3 Body Problem” inside!)
Die Überlichtschnelle Kommunikation der Sophonen: Dieses Konzept ist übrigens schon lange in der SF bekannt als Ansible, u.a. ermöglicht es die Kommunikation in Ursula Le Guins Hainish-Zyklus. Und tatsächlich tritt zwischen zwei quantenverschränkten Teilchen eine sogenannte „spukhafte Fernwirkung“ auf. Misst man den Spin eines Teilchens, setzt man den Spin seines Partnerteilchens fest, egal, wie weit es entfernt ist. Damit kann aber keine Information übertragen werden, da wir keine Kontrolle darüber haben, welchen Spin das Ausgangsteilchen hat, da dieser erst zum Zeitpunkt der Messung festgelegt wird. Um ein überstrapaziertes Bild zu bemühen: Wir können mit Schrödingers Katze nicht der mit ihr quantenverschränkten Katze von Heisenberg morsen, weil wir nicht beliebig bestimmen können, ob sie tot oder lebendig ist, bevor wir nachsehen.
Aufgerollte Dimensionen: Diese sind vor allem bekannt aus der String-Theorie, die als Kandidat gilt, Quantenphysik und Gravitation zu vereinheitlichen. Die Theorien sind durch die Verwendung von 2W20 Raumdimensionen (von denen nur drei nicht aufgerollt und damit erlebbar sind) mathematisch elegant, aber auf absehbare Zeit weder verifizierbar noch falsifizierbar. Damit sind die Stringtheorien wissenschaftlich schlicht wertlos (sorry, Stringtheorie). Ich empfehle dazu „Das hässliche Universum“ von Sabine Hossenfelder. Wir haben bisher keinerlei Hinweis auf aufgerollte Dimensionen.
Mein größtes Pet Peeve ist aber eher ein gesellschaftliches: Die Klimakrise findet in der Serie schlicht nicht statt. Die Menschheit hat bereits bewiesen, dass sie sich kaum auf ein Problem fokussieren kann, das sie in 100 Jahren extrem hart treffen wird. Wie soll sie das mit einem extraterrestrischen Problem tun, das erst in 400 Jahren akut wird? Sorry, Wade, erst Wärmepumpen, dann Aliens!
Vavoriten
Judith empfiehlt:
Die Wissenschaftsjournalistin Angela Saini geht in ihrem Sachbuch Die Patriarchen dem Patriarchat historisch nach. Dabei fängt sie nicht am Anfang an und arbeitet sich dann historisch weiter nach vorn, sondern sie beginnt mit überlebenden matrilinearen Kulturen in Indien und Indonesien, zieht Parallelen zu historischen Beispielen, setzt sich ebenso mit der Begegnung von Suffragetten mit indigenous Frauen in Nordamerika wie mit den Erklärungsversuchen von Friedrich Engels auseinander. Sie präsentiert nicht nur Funde, Quellen und Entdeckungen, sondern setzt auch immer wieder die Rezeption derselben in den Kontext ihrer Zeit: Wie wurde beispielsweise die mutmaßlich egalitäre jungsteinzeitliche Großsiedlung Çatalhöyük im Laufe der Jahrzehnte ihrer Grabungsgeschichte wahrgenommen? Das verleiht auch der Vergangenheit immer wieder den Rahmen unserer Gegenwart, hilft bei der eigenen Rezeption und schlägt neue Sichtweisen vor. Wenn man denkt, schon ziemlich viel übers Patriarchat gelesen zu haben: Hier ist bestimmt noch etwas bislang Unbekanntes dabei – und vor allen Dingen Argumente, warum die Herrschaft des Vaters weder in unseren Genen eingeschrieben, noch für alle Zeiten in Stein gemeißelt ist.
Ich habe Charlie Jane Anders’ Roman-Œuvre jetzt komplett degustiert, indem ich das mir noch fehlende The City in the Middle of the Night gelesen habe! Das Buch ist First Contact mit einer Alien-Zivilisation, die „crocodiles“ genannt wird – doch diese Lebensform ist den neu auf dem Planeten January siedelnden Menschen seit Jahrhunderten bekannt, sie wird nur für Tiere gehalten, gejagt und sogar gegessen. Das Buch ist aber auch Climate Fiction auf einem Planeten in gekoppelter Rotation – eine Seite zeigt stets zur Sonne, die andere ist ewig abgewandt und nur im Zwielicht dazwischen ist menschliche Leben möglich; doch die Umstände werden immer widriger, weil Menschen das Klima unwissentlich aus dem Gleichgewicht bringen. Außerdem ist „The City in the Middle of the Night“ eine exzellente Metapher für Trans-Identität. Protagonistin Sophie wagt als Erste den Kontakt mit den in der Mitte der Nacht lebenden Krokodilen und ist bereit, ihren Körper für eine neue Form von Kommunikation und Miteinander radikal zu verändern, um Menschheit und Krokodilheit eine gerechtere Zukunft zu ermöglichen.
Christian empfiehlt:
Im Game Banishers spielt man einen schottischen Geisterjäger im 17. Jahrhundert und den Geist seiner kubanischen Mentoring und Geliebten, die einem Nachtmahr, einem mächtigen Geist, der die gesamte Gegend verflucht hat, in New England zum Opfer gefallen ist. Nach und nach deckt man nicht nur die finsteren Geheimnisse von New Eden Town auf, dessen Bewohnenden an dem Fluch selbst nicht ganz unschuldig sind, sondern man hilft immer wieder Menschen, die von Toten heimgesucht werden. Hierbei müssen immer wieder schwere Entscheidungen getroffen werden, ob man einen Geist erlöst, verbannt oder den oder die Heimgesuchte*n opfert. Und dazwischen verprügelt man Schemen, Geißeln, Vogelscheuchen und wie die verschiedenen Geistersorten noch heißen mögen. Die Geschichten darin sind alle ambivalent und bewegend, besonders spannend ist aber die Geschichte um die Protagonist*innen Red und Antea, denn man muss gleich zu Beginn sich entscheiden, ob man darauf hinarbeitet, Anteas Geist zu erlösen, oder sie wiederzubeleben - das geht aber nur auf das Kosten der Leben vieler (allerdings meist nicht gerade unschuldiger) Siedler*innen. Das Spiel spielt sich wie eine Mischung aus God of War und Life is Strange (und wurde auch vom selben Studio wie letzteres entwickelt). The Banishers ist wirklich ein schöner Zufallsfund und hat mich sehr begeistert.
Die Mini-Serie Renegade Nell gibts jetzt auf Disney+ - sie vermengt charmante Figuren à la “Willow”-Serie mit ein bisschen britisch-keltischer Mythologie und Schwarzer Magie wie bei “Robin of Sherwood”. Die Serie spielt in der Gegend um Oxford im frühen 17. Jahrhundert. Die namensgebende Nell erlangt magische Superkräfte, weil ihr ein Feerich immer dann zur Seite (bzw. in den Körper) springt, wenn es brenzlig für sie wird. Damit hält sie Wegelagerer auf, beschützt ihre Familie, die Opfer einer Intrige des Adels wird, wird selbst zur Wegelagerin und muss sich schließlich gegen einen Aufstand der Jakobiter stellen und die Königin retten. Nell selbst wirkt dabei durch ihre pragmatische, raufboldige, ländliche, nicht-binäre Art super sympathisch, aber auch die klassischen Elemente wie Intrigen und Old-School-Magie (mit Amuletten, Pentagrammen und Beschwörungen), derer sich die Antagonist*innen bedienen, machen einfach Spaß. Große Empfehlung für leichte, aber nicht seichte Unterhaltung.
Lena empfiehlt:
Nachdem ich ja ein Weilchen AppleTV abonniert hatte, um For All Mankind und Ted Lasso zu gucken - beides muss ich ja wohl kaum noch jemandem empfehlen, kennen eh alle - habe ich auch noch ein bisschen weiteren und vielleicht nicht ganz so bekannten Krams geschaut, der da läuft. Nämlich:
Mythic Quest - Ich schaue ja immer mal, was die Schauspieler*innen aus Community so machen, während wir immer noch alle auf #AndAMovie warten. Dabei stolperte ich über Mythic Quest, eine Serie mit mittlerweile schon drei Staffeln, in der Danny Pudi eine größere Nebenrolle hat. Die Serie heißt genauso wie das gleichnamige MMORPG, um das sie sich dreht. Mythic Quest ist der große Wurf von Spieldesigner Ian Grimm, der als launisches Kreativgenie seine Firma auf Trab hält und dabei mit seinem wenig durchsetzungsfähigen Chef David, seiner ehrgeizigen und socially awkward Chef-Entwicklerin Poppy und dem stets auf maximalen Profit bedachten Monetization Manager Brad (das ist die Rolle von Danny Pudi, der sichtlich Spaß an diesem machiavellistischen Charakter hat) immer wieder aneinander gerät. Die Serie thematisiert viele Aspekte von Videospielen (Women in Gaming, Probleme mit Nazis, Einflussreiche Streamer, Die Suche nach dem nächsten großen Ding) auf eine ebenso treffende wie lustige Weise. Die Figuren sind alle schräg und liebenswert, es gibt viel zu lachen, immer mal ein bisschen Drama und ein sehr cutes queeres Paar. What’s not to love? Eine vierte Staffel ist von Apple schon bestellt und soll, so die Streaming-Gottheiten es wollen, Ende des Jahres erscheinen.
Außerdem sah ich auf Apple TV den Tetris-Film, den wiederum Judith und Christian schon vor einer Weile geschaut haben - aber dann nicht im Newsletter verwurstet, hah, da mache ich das jetzt eben. Tetris jedenfalls, dieses Spiel, wo man Blöcken aufeinander stapelt, was bietet das schon als Ausgangslage für einen Film? Jede Menge! Denn hinter der Entstehungsgeschichte des Spieles verbirgt sich eine Mischung aus Wirtschaftsspionage-Thriller und Kalter-Krieg-Geschichte. Im Film geht es um Henk Rogers, der versucht, für seine Firma an die Rechte von Tetris für Japan heranzukommen. Dazu muss er nach Moskau reisen, wo der Erfinder des Spiels, Alexei Paschitnow, lebt, der allerdings selbst gar keine Entscheidungen dazu treffen darf, denn er hat die Rechte des Spiels an eine Regierungsorganisation abtreten müssen. Rogers gerät in einen Konflikt zwischen verschiedenen Firmen, KGB und Sorge um die Sicherheit von Paschitnow - und sogar um die seiner eigenen Familie. Der Film basiert auf wahren Begebenheiten. Ich fand ihn kurzweilig und sehr sehenswert.
INITIATIVE BITTE!
Auch in diesem Monat haben wir uns gefragt, welche Initiative wir euch würfeln lassen. Es gibt eine ganze Reihe Petitionen gegen das bayerische “Genderverbot”, aber wir sind uns noch nicht ganz sicher, ob nicht Freiheitsrechte-Einklagen das Mittel der Wahl gegen dieses Gesetz ist - wir halten mal die Augen offen, wo man sich diesbezüglich engagieren kann.
Eine Petition richtet sich allerdings an Christian Lindner, der die Kindergrundsicherung weiter zu entkernen versucht.
Außerdem startet Ende der Woche der Europawahlkampf - oft eine Wahl mit chronisch niedriger Wahlbeteiligung. Doch auf europäischer Ebene dominiert zurzeit ein Bündnis aus konservativen und (neo-)liberalen Parteien. Es wird außerdem ein gewaltiger Rechtsruck befürchtet, bei dem konservative und rechte Parteien zusammenfinden und wichtige Schritte zu einer sozial und ökologisch gerechteren EU verhindern könnten. Wir müssen daher - zum einen - wählen gehen, das ist klar. Ein starkes, europaweites Bündnis aus linken und grünen Parteien ist nötiger als je zuvor, und angesichts der Klimakrise läuft uns die Zeit davon. Außerdem engagiert sich der Zusammenschluss aus linken und grünen Parteien jetzt schon gegen Korruption und für die Stärkung von Demokratie, und das klingt sicherlich manchmal wie leere Worte, aber vor allem über die EU-Ebene können beispielsweise Demokrat*innen und queere Freiheitsbewegungen in Ungarn unterstützt werden. Daher müssen wir auch andere davon überzeugen, wählen zu gehen. Zum anderen gibt es jetzt aber eine Menge Podiumsdiskussionen zur Wahl, bei denen wir uns informieren können, in deren Rahmen wir aber auch die Augen aufhalten und protestieren können. Beispielsweise hat ein Aachener Gymnasium in dieser Woche mehrere EU-Kandidat*innen zu einer Debatte in der Schule eingeladen - darunter auch die Kandidatin der AfD. Die Schüler*innen selbst haben durch ihren Protest dafür gesorgt, dass sie ausgeladen wurde. Die AfD hat angedroht, vor der Schule zu demonstrieren (und hat um die frühmorgendliche Uhrzeit ganze drei Männeken mobilisiert bekommen), woraufhin die Omas gegen Rechts und einige Verbündete gegendemonstriert haben. Worauf wir hinauswollen: Seht euch um, wo in eurer Gegend AfD-Politiker*innen dazu eingeladen werden, ihre Feindlichkeiten auszubreiten und ihre antidemokratische Haltung zu normalisieren. Legt Protest ein, wenn sie zu Diskussionsrunden angekündigt werden, sucht euch Verbündete, schreibt Leser*innenbriefe, bildet Banden! Faschist*innen steht kein Platz an demokratischen Tischen zu.
Danke fürs Abonnieren und Lesen!
Judith, Christian und Lena